Bankeinlagen: Zinsstreit bei der EZB

 EZB-Chef Mario Draghi
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Zinsen. Soll die EZB Strafgebühren von Banken verlangen, die bei der Zentralbank Geld bunkern? Nein, sagt EZB-Chef Mario Draghi. Die Debatte wird trotzdem weitergehen.

Wien/Frankfurt.Der Euro stieg Donnerstagmittag ruckartig gegenüber dem Dollar: von 1,344 auf 1,347 Dollar pro Euro. Der Grund: EZB-Chef Mario Draghi hatte in einer Rede ausgeschlossen, dass die EZB in absehbarer Zeit negative Einlagezinsen für Banken einführen wird.

Es war ein Machtwort des Chefs in einer Woche, in der an den Märkten lautstark über den nächsten Schritt der EZB debattiert wurde. Negative Zinsen? Nicht so schnell, so Draghi sinngemäß.

Aber worum geht es in dieser Debatte eigentlich? Das ist besser zu verstehen, wenn man bedenkt, worum es nicht geht: Negative Einlagezinsen, wie sie Italiens Zentralbank schon länger fordert, bedeuten nicht, dass die Kreditleitzinsen der EZB in das negative Terrain rutschen. Bei den Einlagezinsen geht es nicht um die Zinsen, die eine Zentralbank verlangt – sondern um jene, die sie selbst bezahlt.

Banken können sich bei der EZB zum klassischen Leitzinssatz Geld leihen. Den hat die EZB im November auf ein Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Für langfristige Kredite. Kurzfristiges Geld ist teurer: Der Zins liegt bei 0,75 Prozent. Und der Einlagezins? Das ist jene Rate, die die EZB den Banken bietet, wenn diese überschüssige Liquidität bei der Zentralbank einlegen. Da dies meist sehr kurzfristig geschieht („über Nacht“), nennt man dieses Parken von Geld auch „Übernachteinlagen“.

Bis zu 800 Mrd. gebunkert

Auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise Anfang 2012 haben die europäischen Banken zeitweise bis zu 800 Mrd. Euro bei der EZB gebunkert – ein Zeichen für Unsicherheiten und Misstrauen im Bankensystem. Denn Geld, das bei der EZB gebunkert wird, könnten die Banken auch (zu etwas höheren Zinsen) bei der Konkurrenz anlegen – oder aber als Basis für Kredite nutzen. Wenn sie weder das eine noch das andere tun, ist das ein Zeichen für Stress im Interbankenmarkt und im Kreditsektor.

Daher kommt auch die Idee mit negativen Zinsen für Übernachteinlagen. Bevor Banken für das Parken von Geld auch noch „Strafgebühren“ zahlen, werden sie eher Kredite vergeben – so die Logik. Dass EZB-Chef Mario Draghi der Idee jetzt eine Absage erteilt, ist aber nicht verwunderlich.

Erstens könnte der Schuss nach hinten losgehen. Wenn Banken zwar draufzahlen müssen, trotzdem aber keine Kredite vergeben, weil ihnen das Risiko zu groß ist, dann würde das ein fatales Signal senden. Ein solcher Ausgang wäre durchaus denkbar, denn Geldpolitik hat Grenzen. Die Banken werden sich nicht zu einem Verhalten (Kreditausweitung) zwingen lassen, wenn das Risiko aufgrund einer schwachen Konjunktur zu hoch ist.

Draghi könnte aber auch meinen, dass die Debatte in die falsche Richtung geht. Die Banken halten (verglichen mit dem Höhepunkt der Krise) ohnehin nur noch rund 50 Mrd. (statt 800 Mrd.) an Übernachteinlagen. Das ist ein vollkommen normaler Wert auf Vorkrisenniveau. Es besteht also kein Grund für eine Senkung des Einlagezinses von derzeit null Prozent in das negative Terrain.

Neue Spezialkredite?

Dass die Debatte über negative Einlagezinsen jetzt aufflammt, ist aber trotzdem kein Wunder. Mit der letzten Senkung des wichtigsten Leitzinssatzes auf 0,25 Prozent bei ihrer Sitzung im November hat die EZB einen Großteil ihres konventionellen Geldpolitik-Pulvers verschossen. Geld ist bereits (praktisch) gratis. Möglich ist aber, dass die EZB sich für weitere langfristige Spezialkredite (LTRO) entscheidet, sollte sie der Meinung sein, den Bankensektor mit mehr Liquidität versorgen zu müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2013)

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