Der kriselnde EU-Staat erwägt ein fünf Milliarden Euro schweres Rettungspaket für private Autobahnbetreiber. Grund dafür ist ein Gesetz aus der Zeit der Franco-Diktatur.
Auf der einen Seite schnürt Spanien riesige Sparpaket. Auf der anderen muss der Steuerzahler Banken und Stromversorger retten. Jetzt sind die Autobahnbetreiber und ihre milliardenschweren Eigentümer dran. Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy erwägt einen fünf Milliarden Euro teuren Plan, um die Schulden für Autobahnstrecken von rund 585 Kilometern zu übernehmen und zu garantieren, wie zwei mit dem Vorgang vertraute Personen berichten. "Das ist eine Wiederholung von 'too big to fail'", erklärt Volkswirtschaftsprofessor Jose Garcia Montalvo von der Universität Pompeu Fabra University in Barcelona in einem Telefoninterview. Es werde signalsisiert: "Macht euch keine Sorgen, wenn etwas schiefgeht, die Regierung kommt und rettet uns." Sein Kollege Gonzalo Bernardos kommentiert: "Der Staat rettet die Tausenden von Kleinunternehmen nicht, die in der Krise zusammengebrochen sind"
Kontrolliert werden die mautpflichtigen Autobahnen von einigen der größten spanischen Konzerne, darunter die zur Familie Del Pino gehörende Ferrovial SA, die von der Familie Koplowitz kontrollierte Fomento de Construcciones & Contratas SA, Sacyr SA und Actividades de Construccion y Servicios SA, geführt von Florentino Perez, der auch Vorsitzender des Fußballclubs Real Madrid ist.
Gesetz über Entschädigungszahlungen
Grundlage für die Rettung ist ein Gesetz, das 1972 noch unter der Franco-Diktatur verabschiedet wurde. Es sieht vor, dass bei einer Insolvenz einer privaten Autobahn der Staat die Eigentümer für die Kosten von Grund und Boden und des Baus entschädigen muss
Um die Entschädigungszahlungen zu vermeiden, sieht der Plan von Rajoy vor, dass die Regierung ein Unternehmen gründet und den Banken, die die Autobahnen finanziert haben, vorrangige Rechte auf dessen Einnahmen einräumt, wie eine der beiden informierten Personen berichtet. Im Gegenzug würden die Banken, darunter Banco Santander SA und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA, die Laufzeit der bestehenden Kredite über 3,75 Milliarden Euro auf durchschnittlich 20 Jahre ausdehnen, erklärte die Person weiter.
Die Regierung würde voraussichtlich eine direkte Garantie für 30-jährige Kredite über rund 1,25 Milliarden Euro bieten, um die von den Autobahnbauern nie geleisteten Entschädigungszahlungen an enteignete Grundbesitzer abzudecken, hieß es weiter. Die derzeitigen Eigentümer der Autobahnen würden demzufolge 20 Prozent an dem neuen Unternehmen behalten.
Verkehrsaufkommen auf Rekordtief
Einer der größten Profiteure wäre die Ferrovial gehörende Autobahn Radial 4, die seit Oktober 2012 von gerichtlich bestellten Insolvenzverwaltern betrieben wird. Damals stellten die Eigentümer einen Antrag auf Gläubigerschutz, nachdem das Verkehrsaufkommen auf ein Rekordtief gesunken war.
Die von der Ferrovial-Tocher Cintra gebaute R-4 führt von Madrid nach Süden und verzeichnet nur einen Bruchteil des Verkehrsaufkommens, mit dem der Bau der Strecke 2001 gerechtfertigt wurde. Sollte der Umschuldungsplan der Regierung scheitern, muss Madrid möglicherweise den Konzessionären 984 Millionen Euro oder 84 Prozent der gesamten Investitionskosten zahlen, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht.
Kosten höher als geplant
Nicht nur die angepeilten Verkehrszahlen wurden verfehlt. Die Kosten für Landenteignungen zum Bau der Autobahn werden ebenfalls deutlich höher als geplant ausfallen. Die R-4 muss laut Gerichtsunterlagen 433,9 Millionen Euro an die ehemaligen Eigentümer zahlen, während Cintra und ihre Partner dafür 72,8 Millionen Euro eingeplant hatten.
Dennoch hat Ferrovial von der Autobahn profitiert. Die Sparte Ferrovial Agroman SA war der Haupt-Auftragsnehmer für das 742 Millionen Euro teure Bauprojekt R-4 und Cintra hat außerdem einen Dienstleistungsvertrag mit der Autobahn abgeschlossen, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. Cintra stellte der Autobahn sogar den Antrag auf Gläubigerschutz in Rechnung. Während der Dienstleistungvertrag von den Insolvenzverwaltern für dieses Jahr um rund 50 Prozent gekürzt wurde, wird der Rettungsplan der Regierung dazu beitragen, dass Ferrovial Agroman für den Bau der Strecke die 93 Millionen Euro nebst Zinsen erhält, die laut den Gerichtsunterlagen immer noch ausstehen.
(Bloomberg)