„Troika bewertete soziale Folgen nicht ausreichend“

Othmar Karas
Othmar Karas(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, kritisiert die mangelnde demokratische Legitimation der internationalen Kontrollmission in den Krisenländern und fordert eine Einbettung in EU-Verträge.

Wien/Straßburg. Dass die Troika kein langfristiges Instrument gegen die Fehlentwicklungen in den Euro-Krisenstaaten ist, darüber sind sich wohl alle handelnden Akteure einig. Am lautesten ist die Kritik an der Arbeitsweise des internationalen Kontrollgremiums aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) derzeit aber im EU-Parlament. Die im Jahr 2010 kurzfristig einberufene Troika habe zwar geholfen, eine Pleite Griechenlands mit schwerwiegenden Folgen für die gesamte Eurozone zu verhindern, doch sei dies „keine Gewähr dafür, dass dies langfristig vermieden werden kann“. So steht es im Untersuchungsbericht, der gestern, Donnerstag, von Vizepräsident Othmar Karas (ÖVP) und dem französischen Sozialisten Liêm Hoang-Ngoc dem Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments vorgelegt wurde.

Die Arbeit der Troika sei weder transparent noch demokratisch legitimiert, heißt es in dem Bericht weiter. Auch seien die sozialen Folgen der drastischen Sparmaßnahmen, welche die Troika als Gegenleistung für ihre Milliarden-Hilfsprogramme von den Krisenländern gefordert habe, nicht ausreichend bewertet worden. Die Geldgeber hätten der Abmilderung der negativen Auswirkungen in den Programmländern Griechenland, Irland, Portugal und Zypern mehr Aufmerksamkeit schenken müssen.

Armut ist gestiegen

Kürzungen der Sozialleistungen und steigende Arbeitslosigkeit hätten die Armut in den betroffenen Krisenländern weiter vergrößert, schreiben die Berichterstatter des Ausschusses. „Die Troika war eine Notlösung, die jetzt auf solide gemeinschaftsrechtliche Beine gestellt werden muss“, betont Karas. „Es liegen drei Optionen auf dem Tisch. Der IWF macht die Arbeit in Zukunft allein. Die Kommission macht die Arbeit allein. Oder der Euro-Rettungsschirm (ESM, Anm.)wird zu einem Europäischen Währungsfonds unter EU-Recht ausgebaut.“ Nach jetzigem Diskussionsstand bevorzuge er die dritte Option, weitere Gespräche seien aber nötig.

Am Mittwoch hatte bereits ESM-Chef Klaus Regling in einer Debatte mit den EU-Abgeordneten erklärt, dass er ein Instrument ohne Beteiligung des IWF bevorzugen würde. Auch Karas betont, dass eine starke Einbindung des IWF zu Beginn der Krise zwar sinnvoll gewesen sei. Mittlerweile wäre die finanzielle Beteiligung des Währungsfonds an den Hilfen in den Euro-Krisenländern aber von 30 auf zehn Prozent geschrumpft.

Forderungen einiger Abgeordneter des linken Flügels, die Troika-Mission noch vor dem Sommer zu ändern, lehnt Karas jedoch ab. Hannes Swoboda, Fraktionsführer der Sozialdemokraten im EU-Parlament, hatte dies in der vergangenen Woche angeregt.

Abstimmung im Februar

Der Wirtschaftsausschuss wird wahrscheinlich im Februar über den Troika-Bericht abstimmen. Anschließend wird er dem Plenum vorgelegt – was vermutlich im März oder April geschehen soll.

Davor wollen Karas und Hoang-Ngoc nach dem Lokalaugenschein in Lissabon und Nikosia in der vergangenen Woche auch noch nach Athen und Dublin fliegen, um die Arbeit der Troika vor Ort zu evaluieren. Das EU-Parlament hat in der Frage der Milliardenprogramme für Krisenländer zwar kein Mitentscheidungsrecht, es kann den EU-Staaten aber Vorschläge unterbreiten. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2014)

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