Issing: "Wer Regeln bricht, sollte Eurozone verlassen"

Otmar Issing, ehemaliges EZB-Direktoriumsmitglied und Chef-Volkswirt
Otmar Issing, ehemaliges EZB-Direktoriumsmitglied und Chef-VolkswirtREUTERS
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Der deutsche Ex-EZB-Direktor fordert die Länder der Eurozone zur Rückkehr zur Gesetztestreue auf. Andernfalls sollten sie einen Austritt in Erwägung ziehen.

Otmar Issing, ehemaliges EZB-Direktoriumsmitglied und Chef-Volkswirt, geht mit den Schuldnerländern der Eurozone hart ins Gericht. "Bringt eure Finanzen in Ordnung und hört auf, Deutschland zu beschuldigen", überschreibt er seinen Artikel für die "Financial Times". „Glaubwürdigkeit in der Eurozone kann nur dann hergestellt werden, wenn die Verträge und Regeln wieder respektiert werden. Wer weiterhin vorsätzlich gegen die Regeln verstoße, dürfe die anderen nicht erpressen und sollte überlegen, den Euroraum zu verlassen".

Schon vor kurzem hatte Issing, der im Jahr 1998 maßgeblich am Entwurf der geldpolitischen Strategie der EZB beteiligt war, dazu aufgefordert, Deutschland nicht länger in der Euro-Krise als Sündenbock abzustempeln. Denn die Kernideen eines stabilen Euros und einer unabhängigen Notenbank seien schließlich keine deutsche Erfindung.

Jedes Land selbst verantwortlich

Die Diskussion über die Lösung der Eurokrise laufe sehr verkürzt, indem gefordert wird, dass Deutschland mehr Geld auf den europäischen Tisch legen solle. Deutschland sei zwar der größte Wirtschaftsfaktor in Europa, es erziele auch die besten Ergebnisse, doch vom Prinzip, dass es keine „Bail-outs" geben dürfe, dürfe nicht abgewichen werden. Dieses sei fundamental für Staaten mit derselben Währung, die puncto Finanzen aber ihre Souveränität behalten möchten. Letzlich sei jedes Land für seine eigene Politik verantwortlich. Und Länder, die jetzt mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, hätten ihre Probleme selbst verursacht.

Dazu führt Issing mit Spanien und Italien zwei Beispiele an. Spanien stand zum Zeitpunkt des Eintritts in der Euro-Zone finanziell gut da. Das Finanz-Debakel war das Resultat eines ungebremsten Bauboom, der keiner Kontrolle unterlag, angereichert durch Steuerflucht. Als in Italien zum Beginn der Beitritts zur Eurozone die Zinsen (für Staatsanleihen) auf deutsches Niveau fielen, fuhr der italienische Staat Dividenden in zig-milliardenfacher Höhe ein und vergeudete diese Ersparnisse.

Auch zu Eurobonds bezieht Issing eine klare Position: „Gemeinsam herausgegebenen Eurobonds würden gegen das Prinzip („Bail-out") verstoßen. Dies würde ein Signal an hoch verschuldete Länder senden, dass sie bescheidene Kreditkosten in Anspruch nehmen können, ohne Anstrengungen zu unternehmen, die öffentlichen Finanzen unter Kontrolle zu bringen". Er spricht sich deutlich gegen Belohnung schlechter Politik aus.

Irrige Ideen zur Bankenunion

Die Banken-Union hält Issing für eine grundsätzlich gute Idee. Es gebe gute Argumente für die Schaffung einer einzigen Aufsichtsbehörde und eines Mechanismus zu einheitlichen Bankenauflösungen. Doch es sei schwer zu rechtfertigen, wenn in einem Land die Steuerzahler für die verantwortungslosen Praktiken der Banken eines anderen Landes bezahlen, nimmt er irrige Ideen, die derzeit die Diskussion dominieren, aufs Korn.

Der Banken-Fonds wird nicht ausreichen, auch wenn in acht Jahren 55 Milliarden Euro für die Abwicklung maroder Banken bereitstehen sollen. Deshalb soll dem Banken-Fonds eine Kredit-Linie eingeräumt werden, um am Markt Kapital aufnehmen zu können.

>> Artikel in der "Financial Times"

(red.)


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