Athen billigt Budget: 5,4 Prozent Defizit als Ziel für 2012

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Athen billigt Budget Prozent(c) AP (Axel Schmidt)
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Der Entwurf der Übergangsregierung sieht weitere Steuererhöhungen, drastische Einsparungen im Öffentlichen Dienst und Privatisierungen vor.

Mit großer Mehrheit hat das griechische Parlament in der Nacht auf Mittwoch das Sparbudget für 2012 verabschiedet. Der Etatentwurf der Übergangsregierung unter Ministerpräsident Lucas Papademos sieht weitere Steuererhöhungen, drastische Einsparungen im Öffentlichen Dienst und Privatisierungen vor. Ziel ist es, das Defizit im kommenden Jahr auf 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken.

Zudem soll es einen freiwilligen Schuldenschnitt in Höhe von 50 Prozent für griechische Staatsanleihen geben. Da die große Mehrheit der Abgeordneten hinter der Regierung stehen, war mit der Annahme des Etatentwurfs gerechnet worden.

Entscheidung für das "nächste Jahrzehnt"

Vor der Abstimmung hatte Papademos nochmals eindrücklich für seinen Kurs geworben. "Unsere Handlungen werden die wirtschaftliche Zukunft des Landes bestimmen, nicht nur für 2012, sondern für das nächste Jahrzehnt", sagte er. Der ehemalige Vizechef der Europäischen Zentralbank (EZB) bekräftigte zugleich, dass Griechenland in der Euro-Zone bleiben werde. "Unser Platz in Europa ist nicht verhandelbar", sagte er. "Europa und unsere gemeinsame Währung sind trotz der Krise eines der größten Errungenschaften der jüngeren Geschichte", sagte er.

Für das Budget stimmten nach fünftägiger Debatte 258 Abgeordnete der Sozialisten (PASOK), der Konservativen (Nea Dimokratia) und der Ultrakonservativen (LAOS), die die Regierung unter dem Finanzexperten Lucas Papademos unterstützen. Dagegen votierten 41 kommunistische, linksgerichtete und unabhängige Abgeordnete, wie Parlamentspräsident Filippos Petsalnikos mitteilte.

"Geschichte würde uns nicht verzeihen"

Papademos rief die Griechen vor der Abstimmung zur Einheit auf. Das Land stehe vor einem historischen Moment seiner Geschichte. Die Schulden müssten reduziert und die Steuerhinterziehung bekämpft werden, sagte Papademos. "Wenn wir das nicht tun, wird uns die Geschichte dies nicht verzeihen", sagte er. "Wir befinden uns nicht unter der Aufsicht der "Troika" (aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds), sondern unter Aufsicht der Geschichte", machte Papademos seinen Landsleuten in der emotionalen Rede klar.

Die Umsetzung aller Reformen und des freiwilligen Schuldenschnitts ist nach den Worten des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos "von existenzieller Bedeutung". Gewiss seien Löhne und Pensionen gekürzt worden. Es gebe aber keinen anderen Weg. Wer andere Vorschläge habe, wie die Defizite abgebaut werden könnten, solle "sich bitte melden", sagte Venizelos.

Verhandlungen über Schuldenschnitt "schwierig"

Erste Kontakte mit den Banken haben begonnen. Die Verhandlungen über den freiwilligen Schuldenschnitt gestalten sich nach Informationen aus Kreisen des Finanzministeriums "schwierig".

Griechenland erwartet bis Mitte Dezember von den Euroland-Geldgebern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine weitere Kredittranche in Höhe von acht Milliarden Euro. Die Auszahlung ist bereits genehmigt. Das Geld stammt noch aus dem alten Hilfsprogramm von 2010 in Höhe von 110 Milliarden Euro.
Kommendes Jahr soll der Rest dieses ersten Programms (etwa 27 Milliarden Euro) und ein neues Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro zur Auszahlung kommen. Experten der "Troika" haben die ersten Prüfungen für das neue Hilfsprogramm bereits eingeleitet. Am 12. Dezember werden auch die Chefs der drei Institutionen in Athen erwartet.

"Möglicherweise letzte Chance"

Der Chef der griechischen Notenbank, Giorgos Provopoulos, hatte bereits vergangene Woche Alarm geschlagen: Das Sparpaket müsse jetzt umgesetzt werden. Das nächste Hilfspaket sei "die möglicherweise letzte Chance" für Griechenland, sagte er im Parlament.

Am Dienstagabend war es vor dem Parlament in Athen erneut zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Bereits am Nachmittag war eine Kundgebung zum Gedenken an einen Jugendlichen, der 2008 von der Polizei erschossen worden war, in Gewalt ausgeartet. Diese Kundgebung richtete sich zwar nicht direkt gegen den Sparkurs der Regierung. Doch viele Demonstranten forderten in Sprechchören auch eine Rücknahme der Sparmaßnahmen.

(Ag.)

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