Athens Gläubiger sollen auf bis zu 75 Prozent verzichten

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Um die Staatspleite abzuwenden, braucht Griechenland mehr Geld als ursprünglich angenommen. Statt 50 Prozent sollen die Banken und Versicherungen nun bis zu 75 Prozent ihrer Forderungen abschreiben.

Wien/Höll. In Griechenland verschlimmert sich die wirtschaftliche Lage zusehends. Daher müssen sich die Besitzer Athener Staatsanleihen auf höhere Verluste einstellen. Beim Eurogipfel am 27. Oktober wurde ein Forderungsverzicht von 50 Prozent beschlossen. Doch diese Quote reicht voraussichtlich nicht aus. Finanzkreisen zufolge wird nun über einen Schuldenerlass von 65 bis 75 Prozent diskutiert. Seit Monaten verhandelt die Athener Regierung mit den privaten Gläubigern über die Details des Schuldenabkommens.

Ursprünglich hätte die Einigung bis Ende 2011 stehen sollen. Jetzt heißt es, dass die Lösung in den nächsten Wochen präsentiert werden soll. Jüngst kritisierte der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, dass die Gespräche ins Stocken geraten sind. Ackermann ist Vorsitzender des Internationalen Bankenverbands IIF, der die Beratungen mit Griechenland führt. Selbst wenn es zu einer Einigung kommt, ist offen, wie viele Gläubiger mitmachen werden. Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Investmentfonds halten griechische Staatsanleihen von etwas mehr als 200 Mrd. Euro. Durch den freiwilligen Schuldenverzicht könnte das Defizit bei einer Quote von 75 Prozent um 150 Mrd. Euro sinken. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass alle mitmachen. Doch das ist unwahrscheinlich.

Deutscher Konzern schert aus

So schließt der drittgrößte deutsche Versicherungskonzern Talanx eine Beteiligung am Schuldenerlass aus. Er, so Talanx-Chef Herbert Haas, könne nicht auf Geld verzichten, das anderen gehört. Viele Lebensversicherungen haben mit Kundengelder griechische Anleihen gekauft. Haas zeigt sich verwundert, wie „bereitwillig“ sich Mitbewerber am Schuldenschnitt beteiligen wollen.

Österreichs Finanzkonzerne sind mit vier Mrd. Euro in Griechenland engagiert. Dies ist im internationalen Vergleich wenig. Am stärksten ist die staatliche „KA Finanz“, die „Bad Bank“ der Kommunalkredit, betroffen. Diese hält griechische Wertpapiere im Volumen von 980 Mio. Euro. Von den Bedingungen des Schuldenschnitts hängt es ab, ob das Institut erneut Staatshilfe braucht. Auch die Bank Austria und die Uniqa halten griechische Anleihen. Die zur Raiffeisen-Gruppe gehörende Uniqa-Versicherung hat daher für 2011 einen Verlust angekündigt. Für die Finanzkonzerne ist es wichtig, dass die Verhandlungen mit Griechenland bald abgeschlossen werden. Erst wenn alle Details feststehen, können die Jahresabschlüsse für das Vorjahr erstellt werden.
Bis spätestens 20. März muss das Abkommen mit Griechenland vorliegen. An diesem Tag ist das südeuropäische Land gezwungen, Anleihen von 14 Mrd. Euro zu refinanzieren. Bei einem Scheitern der Gespräche kann Athen offiziell die Staatspleite erklären. Der griechische Ministerpräsident, Lucas Papademos, sagte bei der Neujahrsansprache, die nächsten drei Monate seien „besonders kritisch“. Die Gefahr eines Bankrotts sei noch keinesfalls gebannt. Es müsse alles getan werden, „um eine ungeordnete und desaströse Pleite Griechenlands“ zu verhindern.

Am 16. Jänner werden wieder Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank und der EU nach Athen kommen, um den Sparkurs zu überprüfen. Mitte Dezember hatte der IWF mehr Tempo bei den Reformen verlangt. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung gehe nur schleppend voran. Auch bei den Privatisierungen sei zu wenig passiert. Laut Athener Zeitungen haben sich mehrere ausländische Interessenten für den Hafen in Piräus wegen der chaotischen Verhältnisse zurückgezogen. Ende April finden in Griechenland vorgezogene Parlamentswahlen statt. Beobachter bezweifeln, dass bis dahin grundlegende Reformen umgesetzt werden.

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