So wie die Euroländer hat auch die Bank-Austria-Mutter UniCredit Probleme, frisches Kapital aufzutreiben. Um ohne Staatshilfe auszukommen, braucht das Institut 7,5 Milliarden Euro.
Wien/Mailand. Die Kapitalerhöhung der Bank-Austria-Mutter UniCredit ist am Montag schlecht angelaufen: Nach einem Kurssturz musste der Handel an der Mailänder Börse vorübergehend ausgesetzt werden. Nachdem das Institut in der Vorwoche Details über die benötigte Finanzspritze bekannt gegeben hatte, verbilligte sich die Aktie um 40 Prozent. Noch nie in den vergangenen 25 Jahren verlor UniCredit innerhalb weniger Tage so stark an Wert. Allein am Montag gab es ein Minus von 12,84 Prozent. Auch die Papiere anderer Banken gerieten unter Druck.
UniCredit gehört immerhin zu den führenden Kreditinstituten in der Eurozone. Ihre Wiener Tochter, Bank Austria, ist für das Geschäft in Zentral- und Osteuropa zuständig. Allein in Österreich beschäftigt sie 10.800 Mitarbeiter und betreut 1,8 Millionen Kunden.
Test für andere Großbanken
Laut Beschluss der europäischen Bankenaufsicht EBA müssen 31 von 70 Finanzkonzernen bis Mitte Juni 2012 ihr Kapital um 114,7 Milliarden Euro erhöhen, um für künftige Krisen gewappnet zu sein. Davon entfallen acht Milliarden Euro auf UniCredit. Um ohne Staatshilfe auszukommen, will die Mailänder Großbank 7,5 Milliarden Euro bei ihren Aktionären einsammeln. Dafür bekommen diese einen deutlichen Rabatt. Bis 27. Jänner haben die Anteilseigner die Möglichkeit, neue UniCredit-Wertpapiere zum Preis von 1,93 Euro pro Stück zu kaufen. Dies entspricht einem Abschlag von zwei Dritteln zum Kurs vom vergangenen Dienstag, als die Fakten zur Kapitalerhöhung veröffentlicht wurden.
„Unsere Operation ist ein wichtiger Test für den ganzen europäischen Bankenmarkt“, sagt UniCredit-Chef Federico Ghizzoni. Die Mailänder sind die Ersten, die sich nach der Entscheidung der Bankenaufsicht Geld von der Börse holen. Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass die Deutsche Bank und die Commerzbank ebenfalls Kapitalerhöhungen erwägen. Beide Institute kommentieren dies nicht. Nach den Problemen bei UniCredit sehen sich immer mehr Finanzkonzerne nach Alternativlösungen um. Ob diese ausreichen, ist jedoch fraglich. ING-Investment-Manager Paul Vrouwes schließt nicht aus, dass wieder die Steuerzahler einspringen müssen. Doch vielen Ländern wie Griechenland, Italien und Spanien fehlt dazu das Geld.
Staatsanleihen als Risiko
Das Schicksal der Bank-Austria-Mutter hängt vom italienischen Staat ab. UniCredit verfügt über ein hartes Kernkapital von etwas mehr als 40 Milliarden Euro, nach der Kapitalerhöhung sind es um 7,5 Milliarden Euro mehr.
Allerdings sitzt das Institut auf Staatsanleihen von 89,4 Milliarden Euro, davon stammen 38,8 Milliarden Euro aus Italien. Bei einem Zahlungsausfall Italiens oder bei einem Auseinanderbrechen der Eurozone drohen „große negative Effekte“, wie UniCredit im Börsenprospekt schreibt. Andere europäische Finanzkonzerne halten ebenfalls viele Staatsanleihen, weil sie diese mit null Eigenkapital unterlegen müssen, was mittlerweile für Kritik sorgt.
Garantie der Investmentbanken
Dennoch wird die Kapitalerhöhung von UniCredit kein Flop. Denn die Mailänder haben 27 Investmentbanken engagiert. Das ist ein Rekord. Alle Institute, die in der Branche Rang und Namen haben, helfen den Italienern bei der Kapitalbeschaffung.
Die Investmentbanken haben eine Garantie abgegeben, dass sie alle neu ausgegebenen Aktien zum Preis von 1,93 Euro abnehmen. Sie gehen damit ein Risiko ein: Finden sich nicht genügend Anleger, müssen die Institute die Papiere selbst übernehmen. Später werden sie aber die Aktien wieder loswerden wollen, daher könnte der Preis nach der Kapitalerhöhung weitersinken. Für die Abnahmegarantie zahlt UniCredit hohe Provisionen.
Bei der Bank-Austria-Mutter sind viele Probleme aber auch hausgemacht. Während die Töchter in Österreich und Deutschland profitabel und überkapitalisiert sind, macht das Institut auf dem Heimatmarkt in Italien seit Jahren Verluste. Schuld daran ist die 2007 viel zu teuer erworbene Bank Capitalia. UniCredit zahlte für den Rivalen 22Milliarden Euro und musste die Beteiligung zuletzt massiv abwerten. Laut Gerüchten erfolgte der Zukauf aus politischen Gründen, was die Bank aber dementiert. Nun wird spekuliert, dass sich UniCredit von der Bank Austria trennen könnte, falls sich die Lage in Italien verschlimmert und der Geldbedarf größer wird. Auch das wird von den Mailändern bestritten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2012)