Studie: Österreich, der größte Euro-Profiteur

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Kein Land hat durch die Euro-Einführung seinen Wohlstand so stark gesteigert wie Österreich, zeigen die Unternehmensberater McKinsey. Fast acht Prozent des BIPs sind ihr zu verdanken.

Berlin. Wie hat die Gemeinschaftswährung die Wirtschaftskraft der Eurostaaten verändert? Diese Frage wurde oft diskutiert, wirklich durchgerechnet aber noch selten. Die Unternehmensberater von McKinsey haben nun den Versuch gewagt. Sie kommen auf stolze Ergebnisse: Um 332 Mrd. lag das Eurozonen-BIP im Jahr 2010 höher, als wenn die Europäer weiter in Schilling, Mark und Lira zahlten. Dabei sind die Vorteile sehr ungleich verteilt – auch wenn kein Land schlechter dasteht. Weitaus am meisten, nämlich die Hälfte des gesamten Vorteils, lukriert Deutschland. In Relation zur eigenen Wirtschaftsleistung heißt der Gewinner aber Österreich: Seine 22 Mrd. „Euro-Dividende“ machten im Vorjahr 7,8 Prozent des BIPs aus.

Der Grund für den Spitzenplatz: Wie der große Nachbar kann auch Österreich die Vorteile eines großen Währungsraums voll nutzen, weil es seine Wettbewerbsfähigkeit gesteigert hat. Zusätzlich profitiert es stärker vom intensivierten Austausch mit Staaten in Osteuropa, die schon in der Eurozone sind oder sich ihr annähern.

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Der Segen des Handels

Die Entwicklung nach 1999 wurde natürlich auch durch andere Faktoren mitbestimmt, etwa die Launen der Weltkonjunktur zwischen Dotcom-Blase und Finanzkrise. Tatsächlich lagen die Wachstumsraten im Jahrzehnt vor der Euro-Einführung höher als danach. Das spricht aber nicht gegen den Euro: Um seinen Einfluss zu bewerten, muss man diesen herausfiltern.

Die McKinsey-Ökonomen haben dazu vier Faktoren untersucht. Zunächst einmal sind Kosten weggefallen: Spesen für die Umwechslung und die Absicherung gegen Verluste aus Schwankungen der Wechselkurse. Diese Ersparnisse machen etwa ein Zehntel der Zugewinne aus. Viele Unternehmen haben aber auch mehr ausgeführt oder überhaupt erst zu exportieren begonnen, als das Wechselkursrisiko weggefallen ist. Heute geht man davon aus, dass der Handel zwischen den Euroländern so um 15 Prozent zusätzlich gestiegen ist. Das ist die Hälfte der Steigerung des Handelsvolumens zwischen diesen Ländern.

Vermehrter Handel mit dem Ausland aber führt zu steigendem Wohlstand. Denn jedes Land spezialisiert sich dann auf das, was es relativ gut und günstig produzieren kann, was insgesamt zu besseren Ergebnissen führt. Man kann also aus der Zunahme des Handels das daraus resultierende Wirtschaftswachstum abschätzen. So konnten die Autoren weitere 30 Prozent des Euro-Zugewinns identifizieren.

Ein Nullsummenspiel ist hingegen der Faktor Wettbewerbsfähigkeit – was die einen innerhalb der Eurozone zulegen, verlieren die anderen. Vor allem Deutschland ist durch Reformen des Sozialsystems und Lohnzurückhaltung weitaus wettbewerbsfähiger geworden. Frankreich, Italien oder Spanien haben hingegen verloren. Das ist aber, wie die Studienautoren betonen, eine eingeschränkte Betrachtung: Der Wettbewerbsdruck durch den großen Währungsraum zwang alle Euroländer dazu, effizienter zu produzieren – und das hat ihnen bei ihren Exporten in den Rest der Welt geholfen. Zwar hat sich die Leistungsbilanz in Summe nur leicht verbessert. Aber angesichts der neuen Konkurrenz aus den Schwellenländern ist die Annahme plausibel, dass sich Europa ohne Euro deutlich schlechter geschlagen hätte.

Obwohl die Südeuropäer die Verlierer im innereuropäischen Wettbewerb sind, hat auch ihnen die Währung genutzt. Denn sie haben am stärksten von den niedrigen Zinsen profitiert. Vor der Euro-Einführung mussten Staaten, Banken und Unternehmen in den Olivenländern für ihre Schulden hohe Risikoaufschläge zahlen. Nach der Einführung sind diese auf null gesunken. Dieser Segen hat sich freilich auf Dauer als Fluch erwiesen – leichtfertige Verschuldung der Privaten und der Staaten sowie Immobilenblasen waren die Folgen.

Im Jahr 2010 hatten diese Staaten neun Jahre Fiesta und erst zwei Jahre Katzenjammer hinter sich. Müssen sie noch lange für ihre Sünden büßen, durch Rezession und nun wieder hohe Zinsaufschläge, könnte eine Berechnung für 2012 oder 2013 deutlich schlechter aussehen. Das räumen auch die McKinsey-Experten auf „Presse“-Anfrage ein. Dass der Euro aber ein ökonomischer Erfolg ist und bleibt, dürften auch solche Rückschläge nicht ändern – wenn er als Währung erhalten bleibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2012)

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