Die Abwertung auf Ramschniveau ist nur ein Problem von vielen: Das westlichste EU-Land ist hoch verschuldet.
Portugals Wirtschaft soll im laufenden Jahr um rund drei Prozent schrumpfen, die Arbeitslosigkeit steuert auf 14 Prozent zu, der Staat ist hoch verschuldet. Nach einer Welle harter Sparbeschlüsse der portugiesischen Regierung ist der private Konsum eingebrochen, den elf Millionen Portugiesen steht das Wasser bis zum Hals. Portugals Gesamtverschuldung könnte 2012 auf horrende 110 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) steigen. Angesichts dieses Szenarios ist die Herabstufung der portugiesischen Kreditwürdigkeit durch Standard & Poor's alles andere als eine Überraschung.
Die Ratingagentur ließ die Bonität der langfristigen Staatsanleihen Portugals von BBB- auf das „Ramschniveau“ BB fallen. Mit dieser Bewertung gelten Investitionen in Portugals Schuldscheine als „spekulative Anlagen“, bei denen mit Ausfällen gerechnet werden muss. Damit folgt S&P den beiden anderen großen Ratingunternehmen Moody's und Fitch, die Portugals Anleihen bereits 2011 auf Ramschstatus setzten. Portugal war im Frühjahr 2011 vom Euro-Rettungsschirm aufgefangen worden. Doch auch der 78 Milliarden Euro schwere Rettungskredit konnte Portugals Absturz und die hohen Schuldzinsen für zehnjährige portugiesische Anleihen (rund zwölf Prozent) nicht nennenswert bremsen.
Die Neuschulden Portugals 2010 betrugen 9,8 Prozent des BIPs. 2011 konnte die Neuverschuldung nach Regierungsangaben zwar radikal auf unter fünf Prozent gesenkt werden – aber nur durch einen Buchungstrick: Der Staat lieh sich rund sechs Milliarden Euro aus den Pensionskassen der großen Banken und halste sich damit in Wirklichkeit neue Belastungen auf. Nach satten Steuererhöhungen, harten sozialen Einschnitten, Lohn- und Rentenkürzungen weht der konservativen Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho der Gegenwind heftig ins Gesicht: Die Gewerkschaften stehen schon auf den Barrikaden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2012)