Der Rating-Rundumschlag von S&P lässt die Märkte völlig kalt

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Rating "AA": Am Tag eins nach der Abstufung bekam Frankreich kurzfristiges Geld sogar billiger als zuletzt angeboten. Die europäischen Börsen legten durchwegs zu, der Euro wurde ebenfalls stärker.

Wien/Paris/Ju/Ag. Politiker in Wien und Brüssel waren offenbar die einzigen, die die Herabstufung mehrerer Euroländer (darunter Österreich und Frankreich) durch die Ratingagentur Standard&Poor's „überraschend“ und „unverständlich“ fanden. „Die Märkte“ hatten die sinkende Kreditwürdigkeit der betroffenen Staaten durch die Bank längst „eingepreist“, die Abstufung de facto also bereits lange vor der amerikanischen Ratingagentur vorgenommen.

Darauf deutet jedenfalls die Nichtreaktion der Aktien-, Anleihen- und Währungsmärkte am Tag eins nach dem Verlust des TripleA von Österreich und Frankreich hin: Die Börsenindizes bewegten sich – auch in Wien und Paris – nach anfänglicher Schwäche durchwegs über dem Nullpunkt. Der Euro, der in der vergangenen Woche deutlich gefallen war, legte ebenfalls leicht zu. Und auch an den Anleihemärkten blieb das von einigen befürchtete Beben aus.

Dort war die Nervosität noch am größten gewesen: Frankreich, das in der Nacht zum Samstag so wie Österreich die S&P-Höchstnote „AAA“ für seine Bonität verloren hatte, plante nämlich just am Montag nach dem Desaster eine Auktion von Staatsanleihen. Das Volumen war mit 8,5 Milliarden Euro zwar nicht übertrieben groß, und es handelte sich um Papiere mit sehr kurzer Laufzeit, die auch in schwierigen Märkten normalerweise leicht untergebracht werden können. Aber ein Flop bei dieser Auktion hätte die Eurokrise gleich wieder hochkochen lassen.

Zumindest bei den Kurzläufern (Laufzeiten zwischen drei Monaten und einem Jahr) war die Angst unbegründet: Frankreich muss für diese Papiere mit 0,175 bis 0,406 Prozent sogar weniger Zinsen bezahlen als bei der letzten Auktion.

Am Donnerstag wird es spannend

Richtig spannend wird es freilich erst am Donnerstag: Da möchte die Regierung in Paris neun Milliarden Euro mit lang laufenden Anleihen einsammeln. Das ist wesentlich heikler, denn für die Investoren ist das Risiko, einem Staat für zehn Jahre Geld zu leihen, deutlich größer als wenn sie den Kredit schon nach wenigen Monaten zurückfordern können. Die Zinsen für „Langläufer“ sind deshalb auch wesentlich höher, für Frankreich lagen sie zuletzt wie bei Österreich über drei Prozent. Läuft diese Auktion ähnlich gut wie die gestrige, dann ist Entspannung angesagt. Würde das doch bedeuten, dass die Investoren auf die langfristige Bonität Frankreichs vertrauen.

Österreich hat noch ein wenig Luft: Die nächste Auktion von Bundesanleihen steht erst am 7.Februar an. Bis dahin dürfte sich die Aufregung um den Verlust der Bonitätsnote ein bisschen gelegt haben. „Die Märkte“, die dann den Zinssatz für österreichische Staatsschulden im Auktionsverfahren festlegen werden, sind insgesamt 24 zur Auktion zugelassene „Primary Dealers“, darunter sechs österreichische Banken (Raiffeisen International, Erste Group, Bawag, ÖVAG, Oberbank und Raiffeisenlandesbank Oberösterreich). Den Ton geben bei den Auktionen in Wien aber große Auslandsbanken an: Unter den zehn größten Anleihekäufern bei diesen Auktionen fand sich 2011 kein österreichisches Institut. Größter Abnehmer war Goldman Sachs vor HSBC France, auf den Plätzen folgen Morgan Stanley und Deutsche Bank.

EZB kauft wieder Anleihen

Am Montag hielt sich der Downgrading-Schock freilich auch am österreichischen Anleihemarkt in sehr engen Grenzen: Auf dem Sekundärmarkt kletterte die Rendite der 30-jährigen Bundesanleihe nur leicht von 3,41 auf 3,49 Prozent, die letzte Bundesanleihe mit zehn Jahren Laufzeit rentierte mit 2,89 nach 2,79 Prozent.

In den Kampf um die Finanzierung weniger gut gerateter Eurostaaten hat sich unterdessen wieder die Europäische Zentralbank eingeschaltet: Die Euro-Notenbank hat am Montag nach Händlerangaben auf dem Sekundärmarkt „aggressiv“ italienische Staatsanleihen aufgekauft, auch spanische Bonds wurden erworben. Die Sekundärmarktrendite italienischer Anleihen fiel dadurch freilich nur leicht auf 6,65 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2012)

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