Euro-Staaten fordern niedrigere Zinsen für Griechen

Symbolbild Griechenland
Symbolbild Griechenland(c) AP (Thanassis Stavrakis)
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Der Druck auf den griechischen Finanzminister Venizelos wird erhöht. Er soll die Banken zu einem minimalen Zins für neue griechische Anleihen zwingen.

Die Euro-Finanzminister und der IWF sind mit den Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den Banken über einen Schuldenschnitt nicht zufrieden. Sie fordern ihren griechischen Amtskollegen Evangelos Venizelos auf, die Verhandlungen mit den Banken fortzusetzen. Die Vorgabe: Er muss sie zu einem größeren Verzicht der Banken zwingen. Die zwischen Griechenland und den Banken ausverhandelte Einigung wird damit verworfen.

Der griechische Finanzminister Venizelos steht unter Druck. Er soll den Zinssatz für neu auszugebende Anleihen Griechenlands mit 30 Jahren Laufzeit "klar unter vier Prozent bringen". Das sagte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, am frühen Dienstagmorgen nach knapp neunstündigen Beratungen in Brüssel. Das Ziel: Für die Zeit bis 2020 soll der Zins unter 3,5 Prozent liegen. Nur so könne die Schuldentragfähigkeit des Landes erreicht werden. Die Banken beharren für das Geld aber auf durchschnittlich vier Prozent Zinsen.

Neue Zinsen nach Schuldenschnitt

Den teilweisen Schuldenerlass für Athen sollen die privaten Gläubiger freiwillig schultern. Ihr Engagement ist ein entscheidender Baustein für das zweite, 130 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland. Die privaten Gläubiger, darunter Banken und Hedge-Fonds, sollen auf 50 Prozent des Nennwerts ausstehender Anleihen (insgesamt zumindest 100 Milliarden Euro) verzichten. Im Gegenzug erhalten sie neue Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Gekoppelt mit einem Zins von durchschnittlich vier Prozent für die neuen Anleihen würde das einen Forderungsverzicht von 65 bis 70 Prozent bedeuten. Die Euro-Länder wollen aber noch günstigere Konditionen.

"Dass die Banken damit keine große Freude haben, ist uns bekannt, aber eine Pleite wäre wesentlich teurer", sagte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter dazu.

"Griechen nicht auf Schiene"

Doch damit nicht genug. Neben dem höheren Forderungsverzicht beharrt EU-Währungskommissar Olli Rehn auch auf eine Verschärfung der Spar- und Reformbemühungen Griechenlands. "Es ist offensichtlich, dass das griechische Programm nicht mehr auf Schiene ist", sagte auch Juncker. Es müsse deshalb Fortschritte geben, ehe ein neue Programm vereinbart werden könne.

Der staatliche griechische Schuldenberg soll bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Erlaubt sind in der EU normalerweise nur 60 Prozent.

Einigung auf neuen Krisenfonds ESM

Indes unterstützen die Finanzminister des Eurogebiets und anderer EU-Staaten den neuen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. "Der Text ist eine gute Basis für die Staats- und Regierungschefs", sagte Juncker. Die Staats- und Regierungschefs sollen den neuen Sparvertrag bei ihrem Sondergipfel in der kommenden Woche am 30. Jänner billigen. Der Text soll dann im März unterschrieben werden.

"Wir sind jetzt auch so weit, dass die Mitgliedsländer den Ratifizierungsprozess einleiten können, damit er im Juli in Kraft treten kann". Juncker sagte, dass das Inkrafttreten dann möglich sei, wenn 90 Prozent der kapitaleinzahlenden Länder ratifiziert haben. Vor allem Berlin pocht auf das Papier, das rechtlich verbindliche Regeln zum Defizitabbau und zur Verankerung von nationalen Schuldenbremsen enthält. Bis zum Gipfel soll noch ein neuer Textentwurf vorgelegt werden.

Diskussion um Ausweitung des ESM

Beim Abstimmungsverfahren im ESM-Vertrag sei eine Lösung gefunden worden, die "operationelle Effizienz und demokratische Legitimität verbindet", hieß es von Juncker. Bei einer "Notfallabstimmung" könnte mit einer verstärkten qualifizierten Mehrheit von 85 Prozent über die Einsetzung des Fonds entschieden werden. Auch Finnland, das noch Bedenken geäußert hatte, wird den ESM-Vertrag rechtzeitig ratifzieren.

Italiens Regierungschef Mario Monti und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderten eine deutliche Ausweitung des ESM. "Wir brauchen eine größere Brandmauer", sagte Lagarde in Berlin. Monti regte eine Aufstockung auf 1 Billion Euro an. Auch die österreichische Finanzministerin Fekter kann sich mittlerweile eine Ausweitung vorstellen. Nur die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine Ausweitung weiter ab.

Der ESM löst den im Sommer auslaufenden Hilfsfonds für klamme Eurostaaten (EFSF) ab. Als wichtige Neuerung wird er über ein Barkapital von 80 Milliarden Euro verfügen und damit unabhängiger von Bewertungen der Ratingagenturen werden.

(APA)

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