Jeder vierte Euro wird schwarz verdient

Symolbild Griechenland Euro
Symolbild Griechenland Euro(c) REUTERS (Yiorgos Karahalis)
  • Drucken

Ein Wirtschaftsforscher in Deutschland sieht in Griechenland viele "günstige Ausgangsbedingungen für Schattenwirtschaft". So gebe es viel Bürokratie und ein komplexes Steuersystem.

Das finanziell angeschlagene Griechenland hat noch viel Arbeit beim Kampf gegen die ausufernde Schwarzarbeit: Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) in Tübingen schätzt, dass die Schattenwirtschaft fast 25 Prozent des offiziellen Bruttoinlandsprodukts ausmacht. "Das trägt mit Sicherheit zu den großen Problemen bei, die Griechenland auf der fiskalischen Seite hat", sagte IAW-Geschäftsführer Bernhard Boockmann.

Zum Vergleich: In Deutschland prognostizieren die Experten für dieses Jahr in ihrer jüngsten Studie eine Schattenwirtschafts-Quote von 13,4 Prozent. Unter Schattenwirtschaft versteht das IAW vor allem Schwarzarbeit, aber auch alle kriminellen Aktivitäten.

"Schattenwirtschaft begünstigt"

"In Griechenland gibt es viele Ausgangsbedingungen, die die Schattenwirtschaft begünstigen", sagte Boockmann. "Es gibt eine sehr komplexe Bürokratie und ein extrem komplexes Steuersystem. Um die vielen bürokratischen Hürden zu umgehen, führen viele ihr Unternehmen dann lieber illegal, anstatt es anzumelden."

Auch die Wirtschaftsstruktur in Griechenland sei ein Grund für die ausufernde Schwarzarbeit. "In Griechenland gibt es wesentlich mehr Selbstständige als in Deutschland. Vor allem gibt es sehr viele kleine Betriebe - und in diesem Bereich ist die Schattenwirtschaft sehr viel weiterverbreitet als in größeren Unternehmen."

Anreiz für Schwarzarbeit könnte steigen

Wenn die griechische Regierung nun zur Sanierung des Staatshaushalts Steuern und Abgaben erhöhe, leiste das der Schwarzarbeit aber zunächst einmal Vorschub. "Wenn die Abgaben auf den Faktor Arbeit erhöht werden, dann vergrößert sich die Schere zwischen Bruttoeinkommen und Nettoeinkommen - und damit steigt der Anreiz für Schattenwirtschaft", sagte der Volkswirt.

Entscheidend sei deshalb, dass Griechenland eine effektive Strafverfolgung für Steuersünder aufbaue und bürokratische Hürden für reguläres Arbeiten abschaffe. Allerdings habe das Land einen weiten Weg vor sich, um auf das Niveau anderer Industrienationen zu kommen. "Die Steuermoral der Menschen hat sich natürlich über viele Jahre entwickelt und etabliert. Da kann es lange dauern, bis Schattenwirtschaft in der Gesellschaft nicht mehr so stark toleriert wird."

(APA)

Mehr erfahren

Subtext

Warum die Griechen um einen Sparkommissar betteln sollten

Wenn (kleinere) Territorien des Heiligen Römischen Reichs vor dem Bankrott standen, schickte der Kaiser seine Sparmeister. Den Fürsten wurde einfach die Finanzhoheit entzogen.
New Articles

IWF warnt Athen vor zu hartem Sparziel

Griechenland müsse dringend Strukturreformen beschleunigen, sagt Chefkontrolleur Thomsen.
Home

Griechenland: IWF kritisiert zu hohe Mindestlöhne

Es sei skandalös, dass wegen der hohen Löhne 40 Prozent der jungen Menschen arbeitslos sind, kritisiert IWF-Chefkontrolleur Poul Thomsen.
Irland will ein mögliches referendum über EU-Fiskalpakt prüfen
Home

EU-Fiskalpakt: Iren prüfen Volksabstimmung

Irlands Regierung sucht rechtlichen Rat bei der Generalstaatsanwaltschaft. Die Bevölkerung tritt mehrheitlich für ein Referendum ein.
Symbolbild
Economist

Rettungsschirm: Dreimal mehr Geld für Eurorettung?

Nach dem Beschluss des Fiskalpaktes verlagert sich die Aufmerksamkeit von Europas Chefs auf den Rettungsschirm. Er dürfte größer werden. Weitere 1000 Milliarden Euro sollen die „Brandschutzmauer“ verstärken.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.