IWF und EU: Zwist um griechische Lohnkosten

Griechische Lohnkosten entzweien
Griechische Lohnkosten entzweien(c) Reuters (Yiorgos Karahalis)
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Die griechischen Löhne sollen gesenkt werden. Doch der IWF will den griechischen Arbeitnehmern mehr Opfer abverlangen als die EU-Kommission.

Die Griechen müssen sich auf weitere schmerzliche Einkommenseinbußen einstellen. Die Troika - bestehend aus Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF) - will dem Land Lohn- und Pensionskürzungen verordnen, berichtet das "Handelsblatt" (Freitagsausgabe) mit Bezug auf EU-Diplomaten. Die Parteien seien jedoch nicht einig, in welcher Höhe die Löhne gesenkt werden sollen. Die Auseinandersetzung könnte sich über das Wochenende ziehen.

Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos habe zwar bereits zugesagt, entsprechende Gesetze noch vor der für dieses Frühjahr angesetzten Wahl durch das griechische Parlament zu bringen. Ziel sei es, die Arbeitskosten in Griechenland zu senken, um das Land international wettbewerbsfähiger zu machen.

IWF kritisiert skandalöse Zustände

Die Troika fordert Lohnkürzungen im privaten Sektor, Abschaffung des 13. und 14. Monatsgehalts und weitere Kürzungen von Renten sowie massive Entlassungen im staatlichen Sektor. Über das Ausmaß der Lohnsenkungen bestehe allerdings kein Einvernehmen, heißt es in dem Bericht. Der IWF wolle den griechischen Arbeitnehmern mehr Opfer abverlangen als die EU-Kommission, sagten EU-Diplomaten. Am Montagnachmittag kommen die Finanzminister der Euro-Zone zusammen. Spätestens dann muss die Troika das neue Reform- und Sparprogramm für Griechenland fertiggestellt haben.

Erst vor zwei Tagen hatte IWF-Delegationsleiter Poul Thomsen die hohen griechischen Mindestlöhne kritisiert, wie "DiePresse.com" berichtete. Der Mindestlohn in Griechenland sei "dramatisch höher" im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, sagte Thomsen. Es sei skandalös, dass wegen der hohen Mindestlöhne rund 40 Prozent der jungen Menschen in Griechenland arbeitslos sind.

Schuldenschnitt: Die Zeit wird knapp

Griechenland bleibt jedenfalls nur noch wenig Zeit, um eine Staatspleite abzuwenden. Eine Einigung mit den Banken auf einen Schuldenschnitt scheint greifbar nahe. Die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt und das neue Spar- und Stabilisierungsprogramm laufen in Athen auf Hochtouren. Private Gläubiger sollen auf einen Großteil ihrer Forderungen gegenüber Athen verzichten, um dem hoch verschuldeten Euroland wieder auf die Beine zu helfen. Bankenvertreter und Griechenlands Regierung sehen die Gespräche auf der Zielgeraden.

Über Einzelheiten der Schuldenschnitt-Bedingungen und der neuen Sparmaßnahmen wolle Ministerpräsident Lucas Papademos sich noch an diesem Freitagabend oder spätestens Samstagnachmittag mit den Parteichefs beraten, die seine Regierung unterstützen, verlautete aus dem Büro des Regierungschefs.

Hoffnungsschimmer für Griechen?

Die Troika soll nach noch nicht offiziell bestätigten Informationen festgestellt haben, dass das Haushaltsdefizit 2011 doch nicht über 10 Prozent der Wirtschaftsleistung gelegen habe. Es soll vielmehr zwischen 9,2 bis 9,4 Prozent gelegen haben. Zudem soll Athen im zweiten Halbjahr 2011 keine neuen Schulden gemacht haben. Es sei unerwartet ein kleiner sogenannter "primärer Überschuss" von 190 Millionen Euro entstanden, wie die deutsche Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Finanzministeriums erfuhr. Dieses Ziel hatte sich Athen erst für 2012 gesetzt.

Donnerstagabend lobte auch EU-Währungskommissar Olli Rehn die griechischen Anstrengungen. Das Land habe schon viel unternommen und das Haushaltsdefizit gesenkt, sagte Rehn in Den Haag. Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos zeigte sich vor ebenfalls zuversichtlich: "Alles wird bis Sonntagabend fertig sein."

(Ag.)

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