Verwirrung um EZB-Beteiligung an Schuldenschnitt

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Die Notenbank dementiert Berichte, wonach sie einen Schuldenschnitt für Griechenland mit elf Milliarden Euro mittragen werde. Sie hält derzeit griechische Staatsanleihen in Höhe von etwa 55 Millionen Euro.

Athen/Berlin/Ag./Aga. Sehnsüchtig warten EU-Politiker und internationale Finanzmärkte seit Monaten auf weißen Rauch aus Athen – bisher vergeblich: Weder die Verhandlungen über die von der Troika geforderten Sparmaßnahmen noch die Gespräche über einen Schuldenschnitt in Höhe von 100 Milliarden Euro mit den Privatgläubigern konnten bisher zu einem Abschluss gebracht werden. Am Abend sickerten über Athener Medien erste Details zum Sparpaket durch (mehr ...).

In die Verwirrung um den Stand der Verhandlungen mischte sich am Mittwoch das Gerücht, die Europäische Zentralbank (EZB) hätte sich dazu bereiterklärt, den geplanten Schuldenschnitt mitzutragen – und zwar in einer kolportierten Höhe von elf Milliarden Euro, wie das „Wall Street Journal“ berichtete. Wenig später folgte das Dementi: Es sei weiter keine Einigkeit vorhanden, wie sich die Notenbank an einem Schuldenschnitt beteiligen könne, hieß es vonseiten der EZB. Präsident Mario Draghi habe seine Position dazu noch nicht erklärt. Die Notenbank, einer der größten öffentlichen Gläubiger Griechenlands, hält derzeit griechische Staatsanleihen in Höhe von etwa 55 Millionen Euro. Dienstagabend hatte sich Ministerpräsident Lukas Papademos zum wiederholten Male mit Vertretern des internationalen Bankenverbands IIF getroffen, um die Verhandlungen mit den Privaten voranzutreiben. Details wurden nicht bekannt.

„Wirklich zum Ende bringen“

Aufgrund der stockenden Verhandlungen über das umfassende Hilfspaket rief die deutsche Bundesregierung Griechenland am Mittwoch zur Eile auf. Es sei sehr wichtig, „dass diese Verhandlungen jetzt wirklich zum Ende geführt werden“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Kanzlerin Angela Merkel hatte zuvor in einer Rede vor der Bela-Stiftung in Berlin betont, dass es keine Alternative zu grundlegenden Strukturreformen im Land gebe. Griechenland müsse es schaffen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen.

Ein erfolgreicher Abschluss der Gespräche zwischen Papademos und den Parteichefs der Sozialisten, Konservativen und der rechtsgerichteten Laos-Partei ist eine von mehreren Bedingungen der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) für ein zweites Hilfspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro. Erhält Griechenland keine finanzielle Unterstützung, ist es am 20.März bankrott.

Insgesamt sollen 2012 weitere 4,4 Milliarden Euro eingespart werden. Neben Lohnkürzungen ist unter anderem die Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten noch in diesem Jahr geplant.

Die entscheidende Sitzung der Parteichefs zog sich am Mittwoch bis in die Nachtstunden. Im Falle einer Einigung wollen sich die Finanzminister der Eurozone noch am heutigen Donnerstag treffen, um das Hilfspaket auf den Weg zu bringen. Dies hänge von den Ergebnissen der Athener Gespräche ab, sagte Jean-Claude Juncker, der Chef der Euro-Gruppe.

Auch aus dem deutschen Finanzministerium verlautete, man bereite sich auf das Treffen vor. Voraussetzung sei jedoch, dass Athen „in Kürze“ alle notwendigen Entscheidungen und Dokumente vorliegen würden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2012)

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