EZB wird auf 15 Mrd. Euro Zinsen verzichten

(c) AP (Michael Probst)
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Die Notenbank leistet Hilfe bei der Umschuldung des faktisch bankrotten Landes. Ob die Regierung die Vorgaben erfüllen kann, ist noch offen.

Brüssel. Seit Donnerstag ist es so gut wie sicher, dass sich die Europäische Zentralbank (EZB) an der Umschuldung Griechenlands beteiligen wird. Sie wird voraussichtlich auf rund 15 Milliarden Euro Zinserträge verzichten, die ihr aus den griechischen Staatsanleihen in ihren Büchern im Wert von rund 55 Milliarden Euro zustehen.

„Draghi ist bereit, auf diese Zinserträge zu verzichten“, sagte die Ökonomin Benedicta Marzinotto vom Brüsseler Forschungsinstitut Bruegel zur „Presse“. „Dass er es öffentlich gesagt hat, bedeutet, dass diese Frage intern in der EZB bereits geklärt ist.“

Wie berichtet, erklärte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, dass der Verzicht der Bank auf die Ausschüttung von Zinserträgen kein Bruch des Unionsrechts wäre. Artikel 123 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU sieht zwar ein Verbot der sogenannten „monetären Finanzierung“ vor. Die EU-Verträge verbieten es also, dass EZB oder nationale Notenbanken Regierungen oder andere öffentliche Körperschaften finanzieren.

Warum die EZB teilnehmen muss

Der Verzicht auf Zinserträge hingegen ist nicht untersagt. Nach Ansicht von Marzinotto würden diese 15 Milliarden Euro zwar den Gesamtschuldenstand Griechenlands nicht wesentlich verringern. Dennoch sei diese Einbeziehung der Zentralbank in den „Haarschnitt“, mit dem die privaten Gläubiger Athens einem weitgehenden Forderungsverzicht zustimmen sollen, sehr wichtig, betonte die Ökonomin. Wenn die EZB ungeschoren davonkäme, würden nämlich zwei Arten von Gläubigern entstehen: private, die im Krisenfall in den sauren Apfel beißen müssen, und staatliche wie die Zentralbank, die verschont bleiben. Das würde dazu führen, dass die privaten Investoren ihre Finger von den Staatsanleihen vor allem der südeuropäischen Länder lassen würden, weil sie zu fürchten hätten, dass sie als Gläubiger zweiter Klasse behandelt werden. Griechenland hätte somit noch weniger Aussicht darauf, sich irgendwann wieder aus eigener Kraft an den Märkten zu finanzieren.

Ob die EZB sich aber auf diese Weise an der Umschuldung beteiligt, hängt davon ab, ob die Regierung bis Mittwoch dreierlei erfüllt: Sie muss die Pläne zur Budgetkürzung als Gesetze beschließen, weitere 325 Millionen Euro im heurigen Haushalt einsparen und glaubwürdige Zusagen treffen, dass dies auch nach den Parlamentswahlen Anfang April gültig bleibt. Nur dann sind die anderen Euroländer und der Internationale Währungsfonds bereit, Athen ein zweites Hilfspaket über 130 Milliarden Euro zu gewähren.

Rücktritt mehrerer Minister

Ob Griechenlands Regierung die Vorgaben bis zum Mittwoch erfüllen kann, wenn sich die Finanzminister der Euroländer wieder in Brüssel treffen wollen, wird wie bisher stets bis zum letzten Moment offen bleiben.

Einige Minister zogen bereits persönliche Konsequenzen aus den Sparvorgaben. Gestern traten vier Regierungsmitglieder der rechten Kleinpartei Laos aus dem Kabinett zurück. „Ich kann diesem Kreditabkommen nicht zustimmen“, sagte Giorgos Karatzaferis, Laos-Anführer, und schoss zugleich scharf. „Die Europäische Union leidet an Deutschland“, so der in der Vergangenheit mehrfach mit judenfeindlichen Aussagen bekannt gewordene Politiker. Auch die stellvertretende Außenministerin und der Vizearbeitsminister – beide von der sozialistischen Partei Pasok – legten ihr Amt nieder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2012)


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