Die Ratingagentur habe in ihrer Bewertung das Sparpaket nicht berücksichtigt, erklären Regierungvertreter. "Stimmt nicht", sagt Moody's: Österreichs Finanzen seien schlicht schlechter als anderer Triple-A-Länder.
Wien. Am Dienstag wiederholte sich in Österreich ein bekanntes Schauspiel: Nachdem die Ratingagentur Moody's der Alpenrepublik eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit in Aussicht gestellt hatte, traten Vertreter der Regierung vor die Mikrofone und ließen ihrer Verärgerung freien Lauf. Das war bereits Mitte Jänner so, als Standard & Poor's Österreich die Bestnote, das Triple A, entzogen hatte. Auch jetzt fühlt sich die Regierung unverstanden, obwohl Moody's das Triple A bestätigt, aber den Ausblick auf „Negativ“ gesenkt hatte.
„Unser Engagement, die Schulden zurückzudrängen, wurde noch nicht im vollen Umfang bewertet“, sagte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Auch Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) bezweifelten, dass Moody's das am Freitag abgesegnete Spar- und Belastungspaket berücksichtigt habe. Sie alle zeigten sich hoffnungsfroh, dass die Agentur den schlechten Ausblick revidieren werde, wenn das wahre Ausmaß der Anstrengungen in die Analysen einfließen würde.
Die Chefanalystin klärt auf
Dazu heißt es vonseiten Moody's: „Wir haben das aktuelle Sparpaket in unserer Analyse bereits in vollem Umfang berücksichtigt“, wie Kathrin Mühlbronner, die für Österreich zuständige Chefanalystin bei Moody's, im Gespräch mit der „Presse“ sagt. Trotzdem sah man sich gezwungen, den Ausblick zu senken, unter anderem, weil „Länder wie Finnland, Deutschland und Schweden die Finanzen deutlich besser unter Kontrolle gebracht haben“.
Betroffen von dem Montagnacht verlauteten Rundumschlag von Moody's sind neun EU-Länder(siehe Seite 2). Sechs Staaten wurden herabgestuft, für die Triple-A-Länder Österreich, Frankreich und Großbritannien wurde der Ausblick von Stabil auf Negativ gesenkt. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Herabstufung beträgt „zumindest ein Drittel“. Noch im November hat Moody's Österreich das Triple A mit stabilem Ausblick bescheinigt. Anders als ihre Konkurrenten bewertet Moody's Staaten alle drei Monate neu. Die aktuelle Einschätzung sei deshalb keineswegs ein „Nachziehen“ im Zusammenhang mit den im Jänner erfolgten Herabstufungen von Standard & Poor's.
Als Risken für die finanzielle Stabilität Österreichs sieht Moody's die Eurokrise und das Engagement österreichischer Banken in Osteuropa (siehe nebenstehenden Artikel). Doch kommt die Ratingagentur zu stark abweichenden Schlüssen, was das Potenzial des nun beschlossenen Maßnahmenpakets betrifft. Während die Regierung für 2013 eine Staatsverschuldung von 75,4 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet, geht Moody's von „etwa 80 Prozent aus“. Trotz des Urteils der Agentur schließt die Politik weitere Sparbemühungen aus. „Das Sparpaket ist ausreichend“, sagt Spindelegger. Moody's wird das nächste Urteil spätestens im Mai fällen. Auf die Reaktionen der Politik angesprochen, meint Chefanalystin Mühlbronner: „Es ist nicht unsere Praxis, Äußerungen von Politikern zu kommentieren. Wir geben bloß eine objektive Einschätzung der Kreditrisken ab.“
>>> Karte: Die Bonität der EU-Länder
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2012)