Griechische Wirtschaft stürzt dramatisch ab

Griechische Wirtschaft stuerzt dramatisch
Griechische Wirtschaft stuerzt dramatisch(c) AP (Dimitri Messinis)
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Das Bruttoinlandsprodukt des Schuldensünders ist 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 6,8 Prozent gesunken. Die massiven Sparmaßnahmen werden die Prognosen wohl auch für dieses Jahr stark dämpfen.

Strassburg/Brüssel/Gol/Ag. Die Hiobsbotschaften für das von der Krise gebeutelte Griechenland reißen nicht ab: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Schuldensünders ging 2011 rasant um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, wie die griechische Statistikbehörde (Elstat) am Dienstag in Athen mitteilte. Schätzungen der Zentralbank waren kürzlich noch von einem Rückgang von nur vier Prozent ausgegangen, die Regierung hingegen von 5,5 Prozent. Wegen der massiven Lohnkürzungen und Steuererhöhungen infolge des Sparpakets müssen wohl auch die Prognosen für 2012, die derzeit bei einem Rückgang des BIPs um etwa 2,8 Prozent liegen, nach oben korrigiert werden.

Nach der positiven Abstimmung über das 3,3 Milliarden Euro umfassende Sparpaket im Athener Parlament ringt die Regierung nun unter enormem Zeitdruck um weitere Zugeständnisse an die internationalen Geldgeber. Dienstagnachmittag kamen die Parteichefs erneut zusammen, um noch ausstehende Sparschritte über 325 Millionen Euro festzulegen. Die Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) monierte, dass dieser Betrag noch nicht durch konkrete Haushaltsschritte untermauert sei. Das für heute, Mittwoch, geplante Treffen der Eurogruppe wurde abgesagt, weil noch nicht alle Unterlagen fertig seien. Stattdessen wird es eine Telefonkonferenz geben.

Eigene Troika der Sozialisten?

Während der Verhandlungen im Parlament Sonntagnacht kam es in Athen zu schweren Ausschreitungen. Die Sparmaßnahmen sind rigoros: So sind Gehalts – und Rentenkürzungen in hohem Umfang sowie der Abbau von 15.000 Stellen im öffentlichen Dienst allein 2012 geplant. Heftige Kritik an den strikten Vorgaben der Troika äußerte der Vorsitzende der Europäischen Sozialdemokraten (S  &  D-Fraktion), Hannes Swoboda. Statt der Bevölkerung nur „harte Sparmaßnahmen“ vorzulegen, sollte man an einem „alternativen Weg aus der Krise“ arbeiten – und zwar auf der Basis von Wachstums- und Beschäftigungsförderung. Seine Fraktion will eine eigene Troika nach Athen entsenden, um „mit der griechischen Bevölkerung und Experten vor Ort“ zu reden. Drei hochrangige Mitglieder der S  &  D sollen dieser Troika angehören. Konkret nannte Swoboda bisher aber nur Robert Goebbels, einen ehemaligen luxemburgischen Minister.

Trotz der sozialen Unruhen muss die Regierung in Athen verbindlich zusichern, sich auch nach den im April geplanten Neuwahlen an das Sparprogramm zu halten. Ansonst wird Griechenland das neue, dringend benötigte Hilfspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro nicht ausbezahlt. Dann aber wäre das Land am 20. März, wenn Altschulden in Höhe von 14,5 Milliarden Euro fällig werden, pleite.

Leitl: Inseln verkaufen!

Eine weitere Bedingung für die finanziellen Zusagen ist die Einigung Athens mit den Privatgläubigern auf einen Schuldenschnitt. Mit der freiwilligen Beteiligung des privaten Sektors sollen die griechischen Staatsschulden um 100 Milliarden Euro gedrückt werden. Eine grundsätzliche Einigung darüber gibt es bereits.

Unterdessen ließ Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl mit einem ungewöhnlichen Vorschlag zur Griechen-Misere aufhorchen: Griechenland solle doch „ein paar abgelegene, unbewohnte Inseln verkaufen“, sagte er im APA-Interview. Dies würde die Stimmung für Athen in Europa positiv beeinflussen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2012)


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