Deutscher Bundestag billigt zweites Griechen-Hilfspaket

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Mit großer Mehrheit sprach sich der deutsche Bundestag für das zweite Rettungspaket für Griechenland aus. Angela Merkel verfehlte die Kanzlermehrheit.

Der Deutsche Bundestag hat das zweite Rettungspaket für Griechenland mit großer Mehrheit gebilligt. Für das neue Hilfsprogramm von 130 Milliarden Euro stimmten am Montagabend Abgeordnete des schwarz-gelben Regierungsbündnisses sowie von SPD und Grünen. In der namentlichen Abstimmung gab es unter den 591 anwesenden Abgeordneten 496 Ja-Stimmen. 90 Parlamentarier waren dagegen, fünf enthielten sich.

Merkel verfehlt Kanzlermehrheit

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" zufolge kamen CDU, CSU und FDP in namentlicher Abstimmung gemeinsam auf 304 Ja-Stimmen. Für die schwarz-gelbe Kanzlermehrheit wären mindestens 311 Ja-Stimmen nötig gewesen. Die Kanzlermehrheit in der Abstimmung über das zweite Griechenland-Hilfspaket war zwar nicht nötig, wäre aber ein wichtiges Symbol gewesen.

Kapital für ESM kommt schneller

Vor der Abstimmung überraschte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Angebot, dass Deutschland den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM weit schneller mit Kapital ausstatten will als bisher geplant. Die Bundesregierung sei bereit, noch in diesem Jahr elf Milliarden Euro als Bareinlage in den dauerhaften Krisenfonds einzuzahlen und die zweite Hälfte des deutschen Beitrags dann im nächsten Jahr.

"Voraussetzung dafür ist, dass auch die anderen Mitgliedstaaten mitziehen", betonte die Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung. Damit würde die Ausleihkapazität des im Juli startenden ESM von bis zu 500 Milliarden Euro nach nur zwei Jahren erreicht statt nach fünf Jahren.

Merkel erteilt höherem Schutzwall Absage

Zugleich erteilte die Kanzlerin Forderungen der USA, der EU-Kommission sowie des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach einem höherem Schutzwall um die Euro-Zone erneut eine Absage. "Die Bundesregierung sieht derzeit keine Notwendigkeit für eine Debatte über eine Erhöhung der Kapazitäten von EFSF und ESM."

Mit ihrem Angebot reagierte Merkel auch auf wachsenden internationalen Druck, den Hilfsfonds über 500 Milliarden Euro hinaus aufzustocken. Die Finanzausstattung des ESM ist Thema beim nächsten EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel.

Der ESM soll mit Bareinlagen der Euro-Länder von 80 Milliarden Euro ausgestattet werden. Davon schultert Deutschland 21,7 Milliarden Ursprünglich sollte das Geld in fünf gleichen Jahresraten eingezahlt werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss dafür neue Schulden aufnehmen und 2012 einen Nachtragsetat vorlegen.

Opposition übt Kritik

Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hält das Vorgehen der Regierung "auf ganzer Linie" für gescheitert. Merkel habe die Dimension der griechischen Tragödie lange völlig unterschätzt. "Das zweite Griechenland-Paket ist auf sehr dünnem Eis gesetzt." Merkel vermeide es jedoch weiter, der Bevölkerung reinen Wein über die Kosten einzuschenken. "Es wird teurer werden, als die Bundesregierung uns weismachen wird", betonte Steinbrück.

Bei den Grünen wurden große Sorgen um die soziale Stabilität Griechenlands deutlich. Zwar hatten nach dpa-Informationen bei einer Probeabstimmung alle anwesenden Abgeordneten bis auf Hans-Christian Ströbele Zustimmung signalisiert.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi verglich die Vorgaben für Athen mit den Reparationsforderungen an Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. "Sie machen bei Griechenland Versailles, die brauchen aber Marshall." Er verwies darauf, dass die Siegerforderungen im Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg zu weitgehend gewesen seien, was einer der Gründe für das Erstarken der Nationalsozialisten gewesen sei.

(APA/Ag.)


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