Die EZB flutet die Banken erneut mit Geld

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Europas Banken bekommen eine halbe Billion Euro geliehen. Der Chef der EZB Mario Draghi insistiert, dass das Geld der Europäische Zentralbank in Form von Krediten an die Wirtschaft weitergereicht wird.

Frankfurt/red./ag. Die europäische Zentralbank (EZB) zieht wieder die Geldspritze auf und wird morgen, Mittwoch, voraussichtlich weitere 500 Mrd. Euro in Form von sehr günstigen Dreijahreskrediten ins europäische Bankensystem injizieren. Damit soll die Eurozone gegen eine drohende Kreditklemme „immunisiert“ werden.

Die erste „Impfung“ im vergangenen Dezember hatte freilich nicht die gewünschte Wirkung erzielt: Damals hatten die Banken im Rahmen eines solchen „Dreijahrestenders“ schon einmal knapp 490 Milliarden zum Mini-Zinssatz von einem Prozent von der Euro-Notenbank bezogen. Mit der Riesensumme hatten die Banken allerdings überwiegend eigene Verbindlichkeiten abgedeckt und Einlagen bei der EZB getätigt. Den Weg in die Wirtschaft in Form von Firmenkrediten fand nur der kleinere Teil der Summe, kritisierte EZB-Chef Mario Draghi jüngst.

Nach Angaben von Analysten sind von den 490 Mrd. Euro, die sich die Banken im Dezember abgeholt hatten, nur 40 Milliarden im Sinne der EZB verwendet worden. Nämlich für Kreditvergabe und Ankäufe von Euro-Staatsanleihen. 250 Mrd. Euro wurden dagegen zur eigenen Entschuldung genutzt, weitere 200 Mrd. wurden dafür verwendet, ältere EZB-Darlehen zurückzuzahlen.

Schuldenkrise etwas entschärft

Unter Euro-Notenbankern gilt der Dezember-Tender trotzdem als Erfolg: Die Liquiditätsschwemme für die Banken habe das europäische Finanzsystem insgesamt stabilisiert und damit auch die Staatsschuldenkrise ein wenig entschärft. Gegen Ende des vorigen Jahres hätten viele Marktbeobachter nicht für möglich gehalten, wie problemlos einige Euro-Problemländer (etwa Italien und Spanien) heuer abgelaufene Staatsanleihen refinanzieren konnten.

Wie viel die Banken jetzt abrufen werden, ist noch unklar. Die EZB selbst geht von rund 500 Mrd. Euro aus, einige Analysten tippen auf bis zu eine Billion Euro. So wie es aussieht, werden spanische und italienische Banken wieder besonders kräftig zuschlagen. Schon im Dezember war fast ein Viertel der günstigen Kredite allein von italienischen Banken abgerufen worden.

Dort wird das Geld aber auch am dringendsten gebraucht. Allein Italien muss in nächster Zeit 100 Mrd. Euro an ablaufenden Anleihen refinanzieren. Wenn sich dabei inländische Gläubiger engagieren, dann stellt das die Staatsfinanzierung auf stabilere Beine.

Das ist sowohl in Spanien wie auch in Italien schon seit einiger Zeit der Fall: Banken beider Länder haben ihr Engagement in Euro-Schuldtiteln seit Jahresbeginn kräftig ausgebaut. Spanische Banken etwa haben das Volumen von europäischen Staatsanleihen in ihren Büchern im Jänner um 23,1 Mrd. Euro auf knapp 230 Mrd. Euro gesteigert, in Italien nahm das Volumen um 20,6 Mrd. Euro auf 280 Mrd. Euro zu. Die EZB sieht jetzt Chancen, dass ein viel größerer Teil der verliehenen Euro seinen Weg in die Kreditvergabe und den Ankauf von Staatsanleihen findet als im Dezember.

Für die Banken, die sich jetzt am „Euro-Buffet“ in Frankfurt bedienen, ist das ein blendendes Geschäft. Sie bezahlen der EZB nur ein Prozent Zinsen, bekommen für spanische und italienische Anleihen aber mehr als fünf Prozent. Dieses Gewinnpotenzial ist aber auch von der EZB durchaus beabsichtigt. Soll es doch dazu beitragen, die Nachfrage nach Anleihen der Problemländer zu erhöhen und damit die finanzielle Situation der kriselnden Eurostaaten zu stabilisieren.

Allerdings dürfte diese Form relativ risikoarmer Garantiegewinne begrenzt sein: EZB-Chef Draghi sagte gestern, dass mit dem jetzigen „Tender“ möglicherweise das Ende der Fahnenstange erreicht sei. Es müsse „nicht notwendigerweise“ zu weiteren Geldspritzen dieser Art kommen.

Kreditzinsen leicht gestiegen

Dass die EZB massenhaft billiges Geld in das Bankensystem pumpt, heißt freilich noch lange nicht, dass davon auch Unternehmen oder private Kreditnehmer profitieren. Nach Angaben der Oesterreichischen Nationalbank sind die Kredit- und Sparzinsen in Österreich zuletzt im Schnitt sogar leicht gestiegen, obwohl die EZB ihre Leitzinsen deutlich gesenkt hat. Nur im Interbankenhandel gab es – wenn auch nur leichte – Entspannung. Der Interbanken-Zinssatz (Drei-Monats-Euribor) etwa ging um 0,11 Punkte auf 1,43 Prozent zurück, während die Leitzinsen von 1,5 auf ein Prozent fielen.

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