85,8 Prozent der privaten Gläubiger haben einem Forderungsverzicht zugestimmt. Das Risiko einer "schweren Krise" sei vorerst abgewendet, sagt IWF-Chefin Lagarde.
Im Kampf gegen die drohende Staatspleite hat Griechenland die Mehrheit seiner privaten Gläubiger für den rettenden Schuldenschnitt gewonnen. Wie die Regierung am Freitag mitteilte, lag die Annahmequote bei dem Anleihetausch bei 85,8 Prozent. Finanzminister Evangelos Venizelos zufolge plant Griechenland nun, alle Gläubiger mit Anleihen nach griechischem Recht zum Umtausch zu zwingen. Die sogenannten "Collective Action Clauses" werden aktiviert. Dazu war vor wenigen Wochen ein Gesetz verabschiedet worden. Zusammen mit den anderen Anleihen (69 Prozent der Anleihen nach internationalem Recht wurden umgetauscht) würde die Quote dann insgesamt bei 95,7 Prozent liegen.
Durch den Forderungsverzicht der Banken, Versicherer und Fonds sollen die Verbindlichkeiten um insgesamt 107 Milliarden Euro sinken, damit sich das Euro-Land aus dem Würgegriff der eigenen Schulden befreien kann. Insgesamt steht das Land bei den privaten Gläubigern mit gut 200 Milliarden Euro in der Kreide. Der Schuldenschnitt ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Griechenland ein neues Hilfspaket seiner Euro-Partner im Volumen von 130 Milliarden Euro erhält.
"Zum ersten Mal senken wir Schulden"
Die Finanzminister der Euro-Zone werden noch am Freitag um 12:30 Uhr in einer Telefonkonferenz beraten. Diese wurde nun offenbar abgesagt. Die Minister der Euro-Staaten wollen endgültig über das zweite Hilfspaket für Athen entscheiden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) will am 15. März über das neue Hilfspaket diskutieren.
"Zum ersten Mal senken wir Schulden, statt neue anzuhäufen", hatte Finanzminister Venizelos am Donnerstag gesagt. Die Aussicht auf einen Erfolg des Umtauschs griechischer Bonds in Papiere mit günstigeren Konditionen für das klamme Land sorgte auch an den Börsen für Erleichterung. Der Euro-Kurs fiel leicht, nachdem die Hoffnungen auf ein Szenario ohne Zwang zuletzt wieder gestiegen waren, sodass sich nun Enttäuschung unter den Anlegern breitmachte.
"Frühling liegt in der Luft"
IWF-Chefin Christine Lagarde hat sich in einer ersten Reaktion erfreut über den Ausgang der griechischen Umschuldungsverhandlungen gezeigt. "Es sieht aus, als ob die Zahlen vielversprechend sind", sagte sie dem TV-Sender PBS. Das Risiko einer "schweren Krise" sei vorerst abgewendet worden: "Frühling liegt in der Luft."
Angesichts eines geringen Wachstums und weiterhin teils hoher Schuldenberge innerhalb der Eurozone gebe es aber noch viel zu tun, mahnte die IWF-Chefin.
Griechenland gewinnt bestenfalls Zeit
Doch trotz des Erfolgs für die Athener Regierung sind damit längst nicht alle Probleme des Landes gelöst. Im besten Fall gewinnt Griechenland Zeit, seine schwerste Wirtschaftskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs zu bewältigen und die gigantischen Schulden in den Griff zu bekommen. Wie seit Ausbruch der Krise vor zwei Jahren immer wieder steuert Griechenland abermals auf eine bedrohliche Frist zu: Die neuen Hilfen von EU und IWF müssen am 20. März unter Dach und Fach sein. Dann werden Staatsanleihen in Höhe von 14,5 Milliarden Dollar fällig, die Griechenland aus eigener Kraft nicht zurückzahlen kann. Eine damit drohende unkontrollierte Insolvenz würde in der internationalen Wirtschafts- und Finanzwelt heftige Turbulenzen auslösen.
Griechenland hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf und hatte damals Hilfszusagen von 110 Milliarden Euro bekommen. Bald danach zeigte sich aber, dass diese Kredite nicht ausreichen, um Griechenland dauerhaft vor der Pleite zu bewahren.
Ausgangspunkt für den im Detail äußerst komplizierten Schuldenschnitt ist ein Anleihevolumen von 206 Milliarden Euro. Die Grundsatzvereinbarung mit den Banken sieht einen Forderungsverzicht von 53,5 Prozent vor. Der griechische Schuldenberg würde also im Optimalfall um mehr als 100 Milliarden Euro gestutzt. Anleger sollen, so das Angebot, im Tausch für ihre alten Anleihen neue Bonds mit längerer Laufzeit und niedrigerer Verzinsung bekommen.
(Ag./Red.)