Bei einer Diskussion legte der Wifo-Chef ein Zehn-Punkte-Programm vor, mit dem er die Europäische Wirtschaft ankurbeln würde.
Die EU steckt in einer "midlife crisis", diagnostizierte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, Karl Aiginger, bei einer Podiumsdiskussion in der diplomatischen Akademie in Wien zum Thema "Europas Wirtschaft nach der Krise". Mit Wirtschaftschaftsminister Reinhold Mitterlehner und dem Vizepräsidenten des EU-Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), diskutierte Aiginger am Mittwoch, welche Politik Europa für einen Aufschwung brauche. Einig waren sich die drei Diskutanten, dass Bildung und Forschung stärker gefördert werden sollen.
Aiginger legte ein Zehn-Punkte-Programm vor, wie er die europäische Wirtschaft ankurbeln würde. Seine Vorschläge reichten von einer geringeren Besteuerung von Arbeit über flexiblere Arbeitszeiten bis hin zur stärkeren Absicherung von Banken. Er bejahte den Fiskalpakt, der die EU-Mitgliedsstaaten zum Sparen zwingen soll. Vor einer Kurve müsse gebremst werden, aber um "dann wieder Gas zu geben", so Aiginger. Als größtes Problem sieht er die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa. In südeuropäischen Ländern sei die Hälfte der Jugend ohne Job, EU-weit 20 Prozent. "Das ist kein Gesellschaftsmodell", betonte Aiginger.
Mitterlehner: Hinter jedem Punkt steckt "Bombe"
Hinter jedem der zehn Punkte stecke eine "Bombe", sagte Mitterlehner, der allerdings festhielt, dass man Wachstum ins Auge fasse müsse, um die Arbeitslosigkeit in Europa zu senken. Die Aussagen des neuen französischen Präsidenten Francois Hollande nannte Mitterlehner "interessant". Aber: Neue Schulden kämen für ihn nicht infrage.
Der Europaparlamentarier Karas wies auf die Schieflage zwischen Wünschen und den tatsächlichen Kompetenzen in der EU hin. Bei fünf der zehn Aiginger-Punkte ist Brüssel laut Karas gar nicht zuständig. Er sprach sich wiederholt dafür aus, dass die Nationalstaaten mehr ihrer Kompetenzen an die EU übertragen. Als Ziel nannte er die "Vereinigten Staaten von Europa", momentan sei Europa der politisch zersplitterste Kontinent. Aus seiner Sicht schwäche der Fiskalpakt das EU-Parlament und die nationalen Abgeordnetenhäuser.
Die Wahl in Griechenland nannte Karas eine "Wahl des Protests" einerseits gegenüber der EU, aber andererseits gegenüber den zwei Parteien, die die griechische Krise mitverursacht haben. Diese seien abgestraft worden. Mit Protest und Widerstand löse man die Probleme nicht, meinte Karas.
(APA)