Weltwirtschaftsforum: Jede Krise hat ihre Gewinner

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Für die Experten in Davos führt der Weg zurück zum Sparschwein-Kapitalismus. Für die Finanzmärkte gilt: Nach dem Ende der Investmentbanker haben "biedere" Regionalbanken die besten Chancen.

In Davos, hoch oben in den Schweizer Bergen, lässt es sich auch in der Krise gut leben. Die malerische Winterlandschaft macht vergessen, dass die Konjunktureiszeit in den Niederungen ihre Opfer fordert. Ein gemütliches Kaminfeuer in der Hotellobby täuscht darüber hinweg, dass in der Finanzwelt Feuer am Dach ist. Wären da nicht 2500 Wirtschaftsbosse, Ökonomen und Politiker, die auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) von gestern bis Sonntag vom Ledersofa aus die Welt verbessern wollen.

Für viele Manager dort hat die Zukunft freilich längst begonnen. Aus ihrer Sicht hat jede Krise ein Ende, man wird aus ihr lernen, und sie hat auch ihre Gewinner. Für die Finanzmärkte gilt: zurück zu den Wurzeln. Der smarte Investmentbanker ist passé, das biedere Sparschwein kehrt zurück.

Bankgeschäfte wie früher

Auch 40 Staats- und Regierungschefs marschieren auf, mehr noch als beim G20-Treffen in Washington. Dort versprach man einander, dem Kapitalismus schnell und gemeinsam Zügel anzulegen. Hinter der Eile stand Angst: Ohne eine weltweite Regulierung würden die schlauen Banker, oft Jahrgangsbeste der besten Unis, die Staatsbeamten bald austricksen. Sie könnten neue riskante Derivate kreieren und in Steuer- und Kontrolloasen ausweichen. Die nächste Krise wäre vorprogrammiert.

Aber die Diskussionsgrundlage in Davos, eine Studie über „Die Zukunft des internationalen Finanzsystems“, spricht eine andere Sprache. Ihr zufolge sind nicht einige Investmentbanken zusammengebrochen, sondern das ganze Modell: auf eigene Rechnung und mit hohem Schuldenhebel fabulöse Gewinne erzielen. Die Autoren sagen voraus, dass auch die normalen Geschäftsbanken ihre Abteilungen für diese riskanten Eigengeschäfte zur Gänze auflösen werden. Umso wichtiger werden dann wieder Akteure von außen, von denen jede Bank lebt: ihre Kunden und Investoren.

Die aber haben meist selbst viel Geld verloren und, wie die Studie zeigt, wenig Lust, neue Risken einzugehen. Statt schnellen Gewinnwachstums fordern sie nun konstante Einnahmen. Bilanzen müssen vor allem solide sein: Je höher die Eigenkapitalquote, desto besser entwickelt sich auch der Börsenkurs in der Krise. Die klare Korrelation zeigt: Es braucht die staatliche Gängelung nicht, auch Kunden und Aktionäre zwingen die Banken, Eigenmittel aufzustocken und die Liquidität besser abzusichern. Deshalb werben die Institute wieder heftig um die vielen kleinen Sparer und die wenigen reichen, risikoscheuen Privatkunden.

Lange belächelt, jetzt gefragt

Die besten Chancen haben jene lang belächelten Institute, die ihrem Kerngeschäft treu geblieben sind, der Verwaltung von Spareinlagen und der Kapitalversorgung von Unternehmen. Das alles im regionalen Umfeld, wo man sich auskennt und Kontakte nutzt – etwa zu Politikern.

Auch diese zählen laut Studie zu den Gewinnern der Krise – als neue Eigentümer teilverstaatlichter Banken. Diese Rolle, so fürchten die WEF-Ökonomen, verlockt den Staat zu Protektionismus. Er könnte heimische Institute stärken und internationale zurückdrängen. Auf jeden Fall wird er, wenn erst die Bilanzen saniert sind, in Konflikt mit privaten Aktionären geraten.

Besser harmonieren sollten die Regierungen mit jenen Unternehmen, die zur Belebung der Konjunktur Brücken, Tunnel und Kraftwerke bauen dürfen. So hat etwa Siemens eben erst seine ehrgeizigen Gewinnziele für 2009 bekräftigt. Zumindest eine der Davoser Thesen hat sich also schon bestätigt: Jede Krise hat ihre Gewinner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2009)

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