Neue Milliardenlöcher bei Hypo Real Estate?

Hypo Real Estate
Hypo Real Estate(c) AP (Matthias Schrader)
  • Drucken

Für Wirbel sorgte ein Pressebericht, wonach die Hypo Real Estate Geschäfte im Volumen von 600 Mrd. Euro außerhalb der Bilanz führt. Das entspräche der eineinhalbfachen Bilanzsumme des Instituts

frankfurt/wien (ju/ag). Die deutsche Hypo Real Estate schlittert immer tiefer in die Krise: Obwohl der deutsche Staat schon 102 Mrd. Euro aufgewendet hat, um die Pleitebank künstlich am Leben zu erhalten, ist das Institut noch keineswegs stabilisiert, sondern braucht mindestens weitere 20 Staatsmilliarden zum unmittelbaren Überleben. Zudem wehrt sich Großaktionär Flowers gegen die Verstaatlichungspläne der deutschen Regierung. Und zu allem Überfluss wurde am Freitag auch noch bekannt, dass das Institut riesige Geschäftsvolumina mit unbekanntem Risiko außerhalb der Bilanz führt. Fazit: Die Aktie sackte am Freitag um mehr als 20 Prozent auf unter 1,30 Euro ab.

Für Wirbel sorgte am Freitag vor allem ein deutscher Pressebericht, wonach die Hypo Real Estate Geschäfte im Volumen von 600 Mrd. Euro außerhalb der Bilanz führt. Das entspräche der eineinhalbfachen Bilanzsumme des Instituts – ein völlig unkalkulierbares Risiko.

Die Bank bestätigte im Wesentlichen die außerbilanziellen Geschäfte, meinte aber, es handle sich dabei um Absicherungsgeschäfte in Form von Derivaten, wie sie bei Banken „üblich“ seien. Diese Geschäfte seien kein zusätzliches Risiko, sondern würden im Gegenteil der Risikominimierung dienen.

Der Markt schien an Absicherungsgeschäfte im Ausmaß der eineinhalbfachen Bilanzsumme freilich nicht zu glauben: Die Aktie ging gleich am Morgen auf tiefe Tauchfahrt.

In Deutschland herrscht Einigkeit darüber, dass die Hypo Real Estate eine Art kontinentaleuropäische Version von Lehman Brothers sei, dass eine Insolvenz also ausgeschlossen werden müsse. Die Bank soll deshalb, wie berichtet, möglichst schnell verstaatlicht werden. Dabei gibt es jetzt allerdings Hindernisse: Der US-Großinvestor Christopher Flowers, der etwas weniger als 25 Prozent hält, will sich nicht einfach hinausdrängen lassen. Er will sein Aktienpaket nur abtreten, wenn er mindestens drei Euro pro Aktie bekommt. Das wäre dreimal so viel wie der gestrige Börsenkurs. Flowers ist im vergangenen Jahr zum Preis von 22,50 Euro eingestiegen – und hat bei seinem Hypo-Engagement damit rund eine Mrd. Euro verloren.

Die Forderung nach drei Euro begründet der US-Investor damit, dass die Gerüchte um die bevorstehende Verstaatlichung den Aktienkurs übermäßig gedrückt hätten. Eine Kompensation dieses politischen Abschlags also gerechtfertigt sei.

Die Regierung in Berlin lehnt allerdings Gespräche über dieses Ansinnen ab. Ein eigens für die Hypo beschlossenes Enteignungsgesetz würde zwar eine Zwangsübernahme des Paketes ermöglichen, Flowers will in diesem Fall freilich klagen. Und das könnte, meint der US-Investor, den Weg zur Verstaatlichung „wesentlich komplexer und teurer“ gestalten als eine gütliche Einigung über einen Kaufpreis, auch wenn er über dem Börsenkurs liegt.

AUF EINEN BLICK

US-Investor Flowers will die Verstaatlichung der Hypo Real Estate bekämpfen, wenn er für sein Aktienpaket nicht den dreifachen aktuellen Börsenwert bekommt. Bei der Bank, die schon 102 Mrd. Euro vom deutschen Staat bekommen hat, tun sich unterdessen neue Milliardenlöcher auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.