US-Banken brauchen 74,6 Milliarden Dollar mehr

Finanzminister Geithner und Präsident Obama
Finanzminister Geithner und Präsident Obama(c) AP (Ron Edmonds)
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Der "Stress-Test" der Regierung ergab, dass zehn von 19 US-Großbanken einen zusätzlichen Kapitalbedarf von insgesamt 74,6 Milliarden haben. Die meisten Beobachter nahmen die Resultate des Tests positiv auf.

Die größten US-Banken brauchen dem staatlichen Branchen-Belastungstest zufolge deutlich geringere Finanzspritzen als zunächst befürchtet. Zehn von 19 untersuchten Instituten benötigen demnach insgesamt rund 74,6 Milliarden Dollar (56,1 Mrd Euro) zusätzlich, um ihr Risikopolster zu erhöhen. Die anderen müssen hingegen ihre Kapitaldecke nicht stärken, wie aus den am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Ergebnissen des "Stress-Tests" von US-Finanzministerium und Notenbank hervorgeht.

Geithner: "Ermutigend"

Finanzminister Timothy Geithner nannte die Resultate "ermutigend". Experten hatte mit einem Kapitalbedarf zwischen 100 und 200 Milliarden Dollar gerechnet.

Die umfangreichste Finanzspritze benötigt der Untersuchung zufolge der Branchenriese Bank of America mit rund 33,9 Milliarden Dollar, gefolgt von der Großbank Wells Fargo mit 13,7 Milliarden Dollar. Dahinter folgen der frühere Finanzierungsarm des US-Autobauers General Motors, GMAC, (11,5 Mrd Dollar) und Citigroup (5,5 Mrd Dollar).

Wells Fargo kündigte derweil eine Kapitalerhöhung um sechs Milliarden Dollar durch die Ausgabe neuer Aktien an. Morgan Stanley will sich fünf Milliarden Dollar am Markt besorgen.

Banken mit zu wenig Kapital haben nun sechs Monate Zeit, um sich am Markt oder vom Staat frisches Geld zu beschaffen. Entsprechende Pläne sollen die Finanzinstitute bereits bis zum 8. Juni vorlegen. Möglich ist aber auch der Verkauf von Unternehmensteilen oder die Stärkung der Kapitalbasis durch eine Umwandlung von Vorzugs- in Stammaktien, wie dies beispielsweise Citigroup nach Medienberichten bereits mit dem Finanzministerium vereinbart hat. Die untersuchten Banken haben alle eine Bilanzsumme von über 100 Milliarden Dollar.

Stresstest gegen "Wolke der Unsicherheit"

Finanzminister Geithner zeigte sich zuversichtlich, dass die Untersuchung die Fähigkeit der Banken stärkt, den Kreditfluss zu erhöhen. Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse "sollten Banken in die Lage versetzt werden, wieder ins Bankgeschäft zurückzukehren". Auch werde es einfacher für Investoren, jeweilige Risiken abzuschätzen und zwischen den Banken zu differenzieren. "Der Stress- Test wird dabei helfen, die Wolke der Unsicherheit, die über dem Bankensystem hängt, durch ein beispielloses Niveau von Transparenz und Klarheit zu ersetzen", sagte der Minister weiter.

"Die heute veröffentlichten Ergebnisse sollten Investoren und der Öffentlichkeit ein beträchtliches Maß Ermutigung geben", sagte Notenbankchef Ben Bernanke. Viele Banken hätten bereits Schritte unternommen, um ihre Kapitalpuffer zu stärken. Zugleich stehe aber auch das Finanzministerium bereit, zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen, wo immer es gebraucht werde.

Bei dem Stress-Test wurden die Geldinstitute in Rechenmodellen verschiedenen wirtschaftlichen Szenarien ausgesetzt, die laut Kritikern allerdings nicht harsch genug ausfielen. "Die Ergebnisse sind weniger akut als mancher erwartet hat", sagte Geithner. Grund sei zum Teil, dass die Sorgen über das Risiko einer schlimmeren Rezession geringer geworden seien, die Lage an den Märkten sich gebessert habe und die Banken, in Erwartung der Testergebnisse, in den vergangenen Monaten bereits ihr Kapital aufgestockt hätten.

Der Finanzexperte Douglas Elliott vom renommierten Brookings Institut nannte einen Kapitalbedarf unterhalb der von ihm angenommenen 100 bis 200 Milliarden Dollar "eine gute Nachricht". Man dürfe dies aber nicht überinterpretieren, da die Prüfer bei der Untersuchung "ein hohes Maß an subjektiven Bewertungen über künftige Kreditverluste und Profitabilität" hätten einfließen lassen.

Rückzahlung

Nach der Veröffentlichung der Stress-Tests hat eine große Zahl der Geldinstitute eine rasche Rückzahlung der staatlichen Hilfsgelder angekündigt.

Goldmann Sachs und Morgan Stanley, die den Test bestanden haben und demzufolge selbst bei einer weiteren Verschlechterung der Krise kein zusätzliches Kapital benötigen, um überleben zu können, haben vom Banken-Rettungsfonds je zehn Milliarden Dollar erhalten. Auch die Citigroup, bei der ein Kapitalbedarf von 5,5 Milliarden Dollar testiert wurde, kündigte eine Rückzahlung der 45-Milliarden-Hilfe so bald wie möglich an.

Nach Angaben der Regierung müssen die Banken allerdings Bedingungen erfüllen, bevor sie mit der Rückzahlung der Staatshilfen beginnen können. So müssen sie nachweisen, dass sie genügend Eigenkapital haben, sich neues Kapital durch die Ausgabe von Aktien besorgen und langlaufende Anleihen ohne staatliche Garantien am Markt platzieren können.

Finanzminister Timothy Geithner hatte am Donnerstag erklärt, die Regierung erwarte, dass die unterstützten Banken "mehr als die 25 Milliarden Dollar zurückzahlen, mit denen wir ursprünglich gerechnet haben".

(APA)

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