„The Mall": Wer braucht ein neues Shopping Center?

Mall braucht neues Shopping
Mall braucht neues Shopping(c) Asamer
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Kritiker halten das Einzugsgebiet für die 30.000 Quadratmeter für zu klein. Doch der Westbahnhof mit geringerer Frequenz funktioniert auch als Shopping Center.

Wäre die Frequenz des Eröffnungstages entscheidend für das weitere Leben eines Shopping Center, so würden Mietern, Betreibern und Investoren von Wiens neuestem Einkaufstempel „The Mall" in Wien-Mitte glorreiche Zeiten bevorstehen. Zigtausende Menschen wurden durch „Europas günstigste Preise", Sonderangebote en Masse und zahlreiche Rabatte in die Landstraße gelockt und feierten mit 50 Shops und Gastronomiebetrieben die finale Eröffnung. Die meisten Händler durften sich über nicht enden wollende Schlangen freuen. Gar eine Rolltreppe hatte der Belastung der Kundenmassen nicht standgehalten und kurzerhand den Geist aufgegeben. Die Kunden störte es wenig, selbst Großbildschirme wurden geduldig auf Umwegen abtransportiert.

Doch manche Handelsexperten sehen die Ausgangslage für die neueste Wiener Einkaufsdestination etwas differenzierter. Seit dem Startschuss für das Projekt und der tatsächlichen Eröffnung lagen 15 bis 20 Jahre lange Jahre, so genau weiß das keiner mehr. Der Baubeginn war 2007. Diese lange Bauphase ist unüblich in einer schnelllebigen Branche, die von neuen Entwicklungen und Trends im Monatstakt geprägt ist und in der der Online-Handel dem stationären Handel immer mehr das Wasser abgräbt. Zudem hatte sich der Handel auch im Großraum Wien sehr expansiv gezeigt. Viele andere Mitbewerber wie das StadionCenter im Prater, das Riverside in Liesing, das neue Shopping Center am runderneuerten Westbahnhof, das Q19 in Heiligenstadt, das G3 in Gerasdorf und die Erweiterungen im Donau Zentrum und im Auhof Center, um nur die wichtigsten Neuflächen zu nennen, hatten sich während dieser Zeit im Kampf um die Kunden bereits einen Vorsprung gesichert.

Überregionale Kunden notwendig

Deshalb werden die im dritten Bezirk neu geschaffenen Quadratmeter in Frage gestellt. Die lokalen Kunden aus dem dritten und den angrenzenden Bezirken brauchen keine zusätzlichen 30.000 Quadratmeter und die Nahversorgung in dieser Gegend war bisher auch nicht gefährdet, meint RegioPlan-Chef Wolfgang Richter. Deshalb müsse der Neuling unter den Einkaufszentren in Wien in die Schlacht um überregionale Kundschaft eintreten. Ein Unterfangen, hinter dessen Erfolgsaussichten Richter zumindest ein Fragezeichen setzt. Auch Jörg Bitzer, Geschäftsführer vom Immobilienentwickler EHL, teilt die Ansicht Richters und moniert zudem die ungewöhnliche Zweiphasen-Eröffnung des Zentrums. Im November des Vorjahres hatten im neuen Einkaufszentrum bereits die ersten Geschäfte eröffnet. Neben den beiden Großmietern Interspar und Mediamarkt waren es vornehmlich Gastronomiebetriebe, die bereits Erfahrungen am neuen Standort gesammelt haben. Zudem werde es nach Bitzers Einschätzung schwierig, Kunden aus dem angrenzenden ersten Bezirk zu gewinnen. Denn auch dort leide man nicht an zu wenig Verkaufsfläche.

Potential für 30.000 Quadratmeter

Kurt Schneider, Geschäftsführer der Ekazent, die das operative Geschäft von „The Mall" betreibt, sieht die Sache naturgemäß anders. Die 30.000 Quadratmeter Verkaufsfläche seien auf das lokale Potential in Verbindung mit dem Verkehrskontenpunkt Wien Mitte abgestimmt. Dazu gehören natürlich auch große Teile des zweiten und dritten Bezirkes sowie der angrenzenden Innenstadt. „Immerhin sind wir das größte Shoppingcenter nächst der Innenstadt", verweist Schneider auf die zentrale Lage. Zudem gebe es im Zentrum in den Branchen Elektronik und Sport Angebote, die in der Umgebung in dieser Größenordnung nicht vertreten seien.

Der öffentliche Verkehrsknotenpunkt und die Randlage an einer gewachsenen Einkaufsstraße (Anm.: Landstraßer Hauptstraße) sind auch für Hannes Lindner von Standort + Markt optimale Voraussetzungen für das Projekt. Der Landstraßer Hauptstraße prophezeit er mehr Chancen als Bedrohung. Sie müsse es nur schaffen, die Kunden in die Straße hineinzuziehen. Aber auch für Lindner bedingt das Ausmaß der Shoppingflächen Streuumsätze von überregionaler Kundschaft. Dazu könne auch die hohe Zahl der in diesem Stadtgebiet arbeitenden Menschen beitragen.

Gastrobereich außerordentlich groß

Einige Vertreter von Einzelhandelsunternehmen, die namentlich nicht genannt werden wollen, halten das Konzept von „The Mall", das auf einer Grundfrequenz von bis zu 150.000 Menschen, die täglich durch den Bahnhof geschleust werden, aufbaut, ebenfalls für durchaus erfolgversprechend. Sie sehen aber umliegende Einzelhandelszonen wie die Landstraßer Hauptstraße und das nicht weit entfernte EKZ „Galleria" durch den neuen Shoppingriesen gefährdet.

Die Gastronomie nimmt in der Flächenaufteilung des Shopping Centers überhaupt eine recht prominente Position ein. Sind es im Regelfall um die sechs Prozent der Fläche, die die Gastronomie einnimmt, sind es in „The Mall" acht bis zehn Prozent. Dabei ragt ein Mega-Restaurant des Italo-Konzepts Vapiano" auf 1500 Quadratmeter heraus, das über 400 Personen Platz bietet. Manch einer der älteren Jahrgänge fühlt sich angesichts der Größe der Vapiano-Filiale in die Zeit der Bahnhofsrestaurationen früherer Jahre zurückversetzt. Dass dem Essen und Trinken an dem Verkehrsknotenpunkt, wo U-Bahn und S-Bahn fast im Minutentakt Halt machen und hunderte Angestellte auf über 60.000 Quadratmetern neu geschaffenen Büroflächen ihrer Arbeit nachgehen, aber ein so hoher Stellenwert eingeräumt werde, wird sowohl von Richter als auch von Bitzer positiv beurteilt. Auch die Öffnungszeiten des Zentrums sind innerhalb der gesetzlichen Grenzen, die dieser Tage von der Politik nochmals festgezurrt wurden, als durchaus kundenfreundlich zu bezeichnen.

Hohe Mietpreise

Letztlich wird es aber auch davon abhängen, wie gut es den Betreibern gelingt, die Kundschaft durch die drei Ebenen des Centers zu führen, so dass auch die Händler in den oberen Ebenen auf ihre Rechnung kommen. Trotz des Eröffnungstrubels bleibt nicht unbemerkt, dass noch einige Geschäftsflächen nicht vermietet sind und ein Händler den Eröffnungstermin „nicht geschafft" habe. Ekazent-Geschäftsführer Schneider sieht die Thematik von fünf Prozent noch unvermieteten Flächen bis zum Herbst behoben. Die Händler hingegen führen den Noch-Leerstand auf die hohen Mieten zurück. Diese sollen selbst für das zweite Obergeschoß noch zumindest auf, wenn nicht sogar über „Mariahilfer Straßen-Niveau" liegen. Inklusive Betriebskosten gehe „unter 40 Euro pro Quadratmeter " wenig, sagte ein frustrierter Unternehmensvertreter, da gehe die Rechnung nicht auf. Schneider bestätigt die genannten Zahlen grundsätzlich und die anfängliche Zurückhaltung des Handels bei der Anmietung. „Es hat sich im Zuge der Verwertung herausgestellt, dass manche Flächen aufgrund des statischen Konzeptes des Hauses, wo der Bahnhof überbaut werden musste, nicht sehr einzelhandelsfreundlich gestaltet waren. Da standen dann Säulen, wo sie ein Händler nicht erwartet hätte. Das war zu Beginn eine Bremse, die aber durch günstigere Konditionen bei den Mieten gelöst werden konnte"

Neue Marken, die es auf dem Wiener Markt noch nicht gibt, sucht man vergeblich. Auch ein Magnet a la Primark befindet sich nicht auf der Mieterliste. „Ein solcher Mieter ist immer wünschenswert, an diesem Standort aber nicht notwendig", meint Schneider. Er selbst schätzt die Zukunft für „The Mall" sehr zuversichtlich ein. Die sogenannten Experten hätten auch dem Shopping Center im Westbahnhof ein schwieriges Leben vorausgesagt und jetzt funktioniere der Handel dort recht gut. Das werde in Wien Mitte nicht anders sein, zumal die Frequenzen da noch höher sind als Standort am Gürtel, vergleicht Schneider.

Ob der durchaus gelungene Branchenmix ausreicht, um auch überregionale Kunden anzuziehen, sodass sich die 500 Millionen Euro-Investition auch rechnen wird, wird die Zukunft zeigen. Bis dahin werden vielleicht auch die Transitpassagiere von U-Bahn und Schnellbahn im Tiefgeschoß Hinweisschilder zu sehen bekommen, dass sich ganz in der Nähe ein neue Shopping-Center befindet.

Öffnungszeiten

Shops: Montag bis Mittwoch: 09.00 Uhr – 20.00 Uhr Donnerstag bis Freitag: 09.00 Uhr - 21.00 Uhr Samstag: 09.00 Uhr – 18.00 Uhr
Gastronomie: Montag bis Mittwoch: 09.00 Uhr– 23.00 Uhr Donnerstag bis Samstag: 09.00 Uhr– 24.00 Uhr Sonntag: 09.00 Uhr – 22.00 Uhr
Interspar Pronto: Montag bis Sonntag: 06.00 Uhr – 23.00 Uhr

(red/herbas)


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