"Rabatte zerstören Wertigkeit der Lebensmittel"

Lebensmittel Zielpunkt Bloedheiten mitbeteiligt
Lebensmittel Zielpunkt Bloedheiten mitbeteiligt(c) Pfeiffer
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Der Chef von Zielpunkt-Minderheitseigentümer Pfeiffer hält die vielen Aktionen des Einzelhandels für abgedroschen. Er kündigt deutliche Veränderungen an.

Am 3. September wird Zielpunkt die Katze aus dem Sack lassen und die Neupositionierung des bisherigen „weder Diskonter noch Supermarkt"-Filialisten präsentieren. Erich Schönleitner, er ist Geschäftsführer von Zielpunkt-Minderheitseigentümer Pfeiffer (siehe Factbox unten), stellt die angeschlagene Lebensmittelkette für den Angriff auf die großen Vier (Rewe, Spar, Hofer und Lidl) neu auf. Schönleitner lässt sich zwar noch nicht in die Karten blicken, im Gespräch mit DiePresse.com wird jedoch deutlich, dass die Reise Richtung Supermarkt führen wird. Die Oberösterreicher und Zielpunkt kooperieren bereits im Bereich des Einkaufs, die Integration der Zielpunkt-Logistik in die Pfeiffer-Gruppe steht kurz vor der Umsetzung.

Bei der Neuaufstellung von Zielpunkt werden wohl die Kernbereiche Sortiment und Werbung eine Hauptrolle spielen. Über letztere zeigt sich Schönleitner unzufrieden, sowohl bei Zielpunkt als auch im Lebensmitteleinzelhandel generell. Künftig soll der Politik der „studipen Preissprünge in der Rabattpolitik" bei Zielpunkt ein Ende gemacht werden, kündigt er Änderungen an. Derzeit werden die Konsumenten eher wie „Nachkriegsverbraucher" behandelt, bringt der Pfeiffer-Manager seine Sichtweise auf den Punkt.

Stabile Wertschöpfungskette

Und mit einem verärgerten Blick auf Lebensmittelprospekte, die Woche für Woche die Haushalte mit Aktions- und Rabattpreisen überfluten, stellt Schönleitner die Frage nach einem glaubwürdigen Preis. Denn wertige Artikel, und dazu zählen für den Pfeiffer-Geschäftsführer ohne Zweifel Lebensmittel, brauchen einen stabilen Preis. Derzeit sei Zielpunkt an diesen „Blödheiten" genauso mitbeteiligt. Und „Minus irgendwas" und Warengruppenrabatte halte er ohnehin für fad und abgedroschen. Im Gegenteil, diese ständigen Rabattierungen zerstören aus seiner Sicht die Wertigkeit der Lebensmittel.

Wie er sich den Ausweg aus dem Preisdilemma vorstellt, erklärt Schönleitner so: „Die Lebensmittelwirtschaft muss als geschlossene Wertschöpfungskette auftreten, weil stabilere Preise wertigere Lebensmittel unterlegen und diese für die Marke ein höheres Vertrauen schaffen. Eine gute und stabile Wertschöpfungskette von Bauern, Fleischern, Schlächtern und Molkereien führt zu einer höheren Wertigkeit von Lebensmitteln."

Angriff gegen Bauernvertreter

Auch die Bauernvertreter, die bei den jüngsten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln schnell den Einzelhandel als Schuldigen ausgemacht hatten, nimmt Schönleitner aufs Korn. Deren Ansage, der Lebensmitteleinzelhandel mache sich bei den Kartoffeln eine Marge von 200 Prozent, hält er für einen „ausgemachten Blödsinn" und führt dies auf die Periode des Vorwahlkampfes zurück. Den Handel als größten Abnehmer hier aus wahltaktischen Gründen abzuschießen, öffne auf der anderen Seite der Arbeiterkammer Tür und Tor im regelmäßigen Zielschießen gegen den Lebensmittelhandel.

Grundsätzlich sieht Schönleitner im österreichischen Handel ein Zuviel an Flächen. Dieses Faktum sowie ein starker Mitbewerb hätten die Krise bei Schlecker mit herbeigeführt und bei dessen Nachfolger dayli prolongiert. Die Pfeiffer-Gruppe selbst fährt in Oberösterreich ein Joint-Venture-Projekt mit der Raiffeisenlandesbank, um die Lücke in der ländlichen Nahversorgung zu schließen. Unter dem Schiene „Land lebt auf" wurde ein multifunktionaler Nahversorger installiert, bei dem eine Reihe von Dienstleistungen, die jede für sich nicht überlebensfähig wären, gebündelt werden. Mit einer Postdienstleistung, der Annahme für die Kleiderreinigung, einer Bankdienstleistung und einem Gastrobereich ist man nicht mehr weit von dayli entfernt. Den Unterschied zwischen dayli und dem Pfeiffer-Konzept erklärt Schönleitner so: „Wir haben den Frischebereich von der Pike auf gelernt und können diesen auch auf kleinen Flächen abdecken." Das „Land lebt auf"-Modell mit derzeit acht Standorten soll ausgebaut werden.

Internethandel als Chance

Kein Neuland für die Pfeiffer-Gruppe stellt auch der Online-Handel dar. Die vorhandene Praxis im Großhandel, wo die Kommunikation über Internet zwischen den Unternehmen seit Jahren gang und gäbe ist, stellt im jetzt beginnenden Kampf um den Endkunden einen Vorteil dar, glaubt Markus Böhm. Er ist als Geschäftsführer in der Pfeiffer-Gruppe für die Entwicklung des Internet-Handels zuständig. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten und die technischen Mittel werden auch den Lebensmittelhandel spätestens „übermorgen" revolutionieren, ist Böhm überzeugt. Seit 18 Monaten beschäftigt er sich mit dem Thema. Die logistische Herausforderung bei der Zustellung von Lebensmitteln hält er mit intelligenten Partnerschaften für lösbar.

Eine größere Herausforderung sieht der Pfeiffer-Mann im Angebot von Problemlösungen für den Endkunden. Ihn beschäftigen Fragen wie: Wie kann ich der Großfamilie durch ein attraktives Angebot den Großeinkauf am Samstag Vormittag ersparen? Den Schweizer Konzern Migros mit seinem „LeShop"-Modell hat sich Böhm als Vorbild genommen. Der Schweizer Online-Shop beliefert bereits 150.000 Kunden und greift ab einem Mindestbestellwert von 200 Franken Familien beim Haushaltsmanagement unter die Arme. Neben der Zustellung direkt an die Haustür bietet die Migros-Tochter seit Herbst 2012 einen ersten LeShop.ch Drive-Standort. Anfang des kommenden Jahres möchte das Pfeiffer-Team mit einem Pilot-Projekt ans Netz gehen.

Zielpunkt-Anteile

Davor steht noch der September-Termin. Da wird Zielpunkt-Vorstand Thomas Janny das neue Konzept für die Positionierung der Lebensmittelkette präsentieren. Und danach hat Erich Schönleitner noch bis Juni 2014 Zeit zu beobachten, ob seine Vorgaben greifen und die Geschäftsentwicklung auch tatsächlich in die geplante Richtung geht. Denn vom Erfolg oder Misserfolg des Relaunches hängt ab, ob die Option auf die vollständige Übernahme gezogen wird oder nicht. Nach den Plänen der Pfeiffer-Gruppe soll spätestens 2016 der Patient Zielpunkt wieder gesundet sein und zufriedenstellende Erträge abliefern.
Die oberösterreichische Handelsgruppe Pfeiffer hält seit 24,9 Prozent der Zielpunkt-Anteile, mit einer Option, bis zum Juni 2014 auf 100 Prozent aufstocken zu können. Die fehlenden 75,1 Prozent liegen bei Gerald Schmidsberger, der als Firmenanwalt auch die rechtlichen Interessen von Pfeiffer vertritt. Dessen BOW-Beteilungs GmbH hat die Anteile im November 2012 vom ehemaligen Zielpunkt-CEO Jan Satek übernommen.

(herbas)

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