Bäckereien bald nur mehr in der Stadt

Brot, Hofer, Supermarkt, Billa, Bäcker, Brot
Brot, Hofer, Supermarkt, Billa, Bäcker, Brot(c) Clemens Fabry
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Nach Supermärkten entdecken auch die Diskonter frisches Brot und Gebäck für sich. Bäcker versuchen neue Konzepte. Nur Semmeln zu verkaufen reicht heute nicht mehr.

Wien. Das Match der Bäcker gegen Supermärkte und Diskonter bekommt eine neue Dimension. Die Lebensmittelkette Hofer steckt bis 2015 über 100 Millionen Euro in neue Backstationen in ihren 450 Filialen. Bereits zuvor hatte Konkurrent Lidl Backbereiche an einem Teil seiner Standorte eingerichtet. In den Supermärkten ist frisches Brot und Gebäck bereits seit Jahren im Angebot.

„Ein logischer Schritt“, sagt Peter Schnedlitz, Vorstand an der WU für Marketing. „Nach dem Vorpreschen von Lidl war die Einführung bei Hofer nur eine Frage der Zeit. Aber über 400 Backstationen sind ein Hammer“, sagt Schnedlitz im Gespräch mit der „Presse“. Die Ladendichte sei ohnehin schon zu hoch, denn zu den rund 1500 Bäckerei-Standorten kommen noch um die 6000 Geschäfte des Lebensmitteleinzelhandels. Damit werde sich das Bäckereisterben weiter beschleunigen. Das glaubt auch Kurt Mann, Inhaber der Wiener Backinstitution mit mehr als 70 Verkaufsfilialen. „In Wien gab es vor 20 Jahren noch 700 Bäckereien, heute sind es noch 110. Die Zahl werde sicher weiter nach unten gehen“, so Mann.

Umsatz der Bäcker nimmt zu

Eine Statistik der KMU-Forschung zeigt, dass die Zahl der Bäckereien in Österreich von 2005 bis 2012 um über 300 auf 1597 Betriebe zurückgegangen ist, die Umsatzerlöse jedoch um 15Prozent auf 1,54 Mrd. Euro gewachsen sind. Die durchschnittliche Bäckerei hat rechnerisch von 13,7 Mitarbeitern auf 16,2 zugelegt. „Kleinere wurden mittlere Unternehmen, und mittlere haben sich zu großen weiterentwickelt“, beschreibt Reinhard Kainz von der Bundesinnung des Lebensmittelgewerbes einen deutlichen Strukturwandel. Die industrielle Herstellung und Belieferung des Lebensmittelhandels trage zu dieser Entwicklung wesentlich bei.

Einige Bäcker planen den alternativen Weg in die Gastronomie. Der Waldviertler Josef Weishaupt setzt mit „Joseph-Brot“ auf „sekundäre Umsätze“ und führt in zentraler Wiener Lage ein Bistro mit 60 Sitzplätzen. Auch Großbäcker Ströck will sich mit dem Konzept „Feierabend“ in der Gastronomie versuchen. Schnedlitz meint, dass so der Trend zu Convenience und Außer-Haus-Konsum eingefangen werden könne. Nur Semmeln zu verkaufen reiche heute nicht mehr, so der Handelsexperte. „Das Gastrosegment bietet auch bessere Ertragsmöglichkeiten und die Chance, sich als Marke zu positionieren.“ Ohne Cafés würden die Konditoreien seit 40 Jahren nicht mehr existieren, vergleicht Klaus Bernhard vom Verband der Backbranche.

Bernhard sieht den wesentlichen Grund für die Umwälzungen im One-Stop-Shopping. Die Bequemlichkeit, in einem Geschäft, wo man ohnehin Einkäufe mache, auch noch Brot und Gebäck mitzunehmen, sei kaum zu schlagen. Auf einen Preiskampf sollten sich die Bäcker nicht einlassen“, rät Bernhard angesichts der 15-Cent-Semmel von Hofer. „Dann können wir gleich ein Massenbegräbnis veranstalten.“

Kurt Mann rät der Branche, den Ladenbau moderner zu gestalten und zu Standorten an hoch frequentierten Plätzen. WU-Vorstand Schnedlitz unterstützt die Sichtweise mit einem ehernen Grundsatz aus dem Handelsmarketing: „Ein Geschäft muss dorthin, wo die Menschen sind.“

Zukunft als urbanes Format

Er erwarte eine weitere Konsolidierung in weniger und gleichzeitig größere und frequenzstärkere Standorte. Diese gebe es am Land immer seltener oder sie seien dort von Lebensmittelgeschäften besetzt. „Die Bäckerei wird immer mehr zu einem urbanen Format“, so Schnedlitz. Die Bäcker müssen die Menschen, die auf Authentizität und Nachhaltigkeit setzen und den direkten Weg in die Bäckerei dem Supermarkt vorziehen, für sich gewinnen. Diese vornehmlich städtische Klientel wachse und sei auch bereit, höhere Preise zu zahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2014)

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