Gewerkschaft "stresst" den Handel

(c) Clemens Fabry
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Der Handel verkrafte um fünf Prozent höhere Gehälter, ergab ein Stresstest der GPA. Sie fordert mittelfristig ein Mindestgehalt von 1700 Euro.

Der Branchenreport Handel 2016 der Arbeiterkammer stellt dem österreichischen Handel wenige Tage vor den am Mittwoch beginnenden Kollektivvertragsverhandlungen insgesamt kein schlechtes Zeugnis aus, auch wenn für 2015 unter dem Strich nominell ein Minus von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr steht. So interpretiert die Gewerkschaft GPA-djp bei einem Pressegespräch die Zahlen. Zwar habe der Großhandel mit einem Minus von 2,7 Prozent die Gesamtstatistik nach unten gedrückt, aber für die Arbeitnehmervertreter gibt es viele Lichtblicke.

Sie erwähnen den Kfz-Handel und Einzelhandelsbranchen wie Lebensmittel und Spielwaren, die beim Umsatz überdurchschnittlich zugelegt haben. Die Kfz-Händler lagen um 2,7 und die Einzelhändler insgesamt um 1,8 Prozent höher, der Lebensmitteleinzelhandel gar um 3,2 Prozent. Der Lebensmitteleinzelhandel trage als umsatzstärkste Branche den konjunkturellen Aufwärtstrend des Einzelhandels, berichtet die Studie. Dass wesentliche Bereiche des Einzelhandels wie der Elektrohandel und die Modebranchen Schuhe und Bekleidung bis zu 2,3 Prozent im Minus liegen, blieb jedoch unerwähnt.

Stresstest bei 200 Unternehmen

Um die grundsätzliche Machbarkeit von deutlich höheren Gehältern im Handel zu unterstreichen, unterzog die GPA 200 Handelsunternehmen einem Stresstest. Im Blickfeld lagen dabei die Personalkosten, die im Durchschnitt 12,7 Prozent des Nettoumsatzes ausmachen. Ergebnis: Eine Steigerung der Personalkosten um fünf Prozent habe keine besonderen negativen Auswirkungen auf die Bilanzen des Handels. „Das lässt den Händler noch genug Luft“, interpretiert Anita Palkovich, Wirtschaftsbereichssekretärin der GPA-djp, das Ergebnis. Ob das die Händler ähnlich sehen, bleibt mehr als fraglich. Die Ebit-Quote der untersuchten Unternehmen würde demnach nur um 0,5 Prozentpunkte zurückgehen. Zum Vergleich: Der Handel hatte 2015 eine Ebit-Quote von 1,9 Prozent gegenüber 6,1 Prozent der Industrie. Die um 0,9 Prozentpunkte niedrigere Eigenkapitalquote liege noch immer jenseits der 30-Prozent-Marke, so Palkovich.

Hintergrund der Übung mit dem Stresstest könnten auch die neue Gehaltstafeln für den Handel sein. Die Gespräche für einen grundlegend neuen KV wurden ja im Sommer gestoppt. Nun soll mit Jahresbeginn ein neuer Anlauf gestartet werden. Auf die Frage, warum man nun glaube, dass der zweite Versuch erfolgreich sein werde, erhält man zur Antwort: „Man wird sich im Vorfeld besser mit den vorgelagerten Gremien abstimmen“.

Mindestgehalt 1700 Euro als mittelfristiges Ziel

Aber vorher müssen noch die KV-Verhandlungen für 2016, die am Mittwoch starten, absolviert werden. Für heuer ortet die Gewerkschaft erstmals auch insgesamt steigende Konsumausgaben. Die Händler setzen mehr um; um ein Prozent nach sechs Monaten, geschuldet vor allem der Lohnsteuerentlastung. Eine Fortsetzung dieses Trends sei nur mit einer ordentlichen Gehaltssteigerung für die 400.000 Handelsangestellten möglich, so Palkovich. Denn das Mehr an Lohn gehe direkt wieder in den Konsum, sind die Vertreter der GPA überzeugt. Wie hoch die Forderung der Arbeitnehmervertreter nach Erhöhung der Kollektivgehälter ausfallen werde, wurde nicht verraten. „Das wissen wir selbst nicht bis zwei Stunden vor Verhandlungsbeginn“, so Franz Georg Brantner, Vorsitzender für den Handel bei der GPA. 2015 wurden die Gehälter um 2,2 Prozent angehoben.

Jedenfalls habe man sich grundsätzlich ein Mindestbruttogehalt von 1700 Euro für die Einstiegsgehälter zum Ziel gesetzt, nicht für heuer, die Lücke soll jedoch in großen Schritten geschlossen werden, sagte Brantner. Die niedrigste Einstiegsstufe liegt derzeit bei 1523 Euro. Auch die sechste Urlaubswoche steht wieder auf dem Forderungskatalog der Gewerkschaft sowie ein Rechtsanspruch inklusive Kündigungsschutz auf den Papamonat. Die Übernahme der Internatskosten für Lehrlinge durch die Unternehmen sei eine weitere Forderung. „Große Betriebe machen das ohnehin schon, nun sollen auch die kleineren Unternehmen nachziehen“, fordert Palkovich.

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