"Amerika ist kein Land - Amerika ist nur ein Business"

Amerika kein Land Amerika
Amerika kein Land Amerika(c) AP (The Weinstein Company, Melinda Sue Gordon)
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Der Film "Killing them softly" zeigt am Beispiel des illegalen Glücksspiels, wie die "kapitalistische Idee in ihrer niedrigsten Form" funktioniert.

Im Dezember 2011 hat sich der Hobbyökonom mit Margin Call den bisher besten Hollywood-Film über die Finanzkrise angesehen (mehr dazu...). Genau ein Jahr später ist nun ein Gangster-Film in unseren Kinos angelaufen, der zwar auf den ersten Blick wenig mit der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun: "Killing them softly". Darin soll ein Auftragskiller der Mafia nach einem Überfall auf eine illegale Pokerrunde die Schuldigen finden und beseitigen. Genauer betrachtet ist der Film aber weniger ein Porträt harter Kerle, sondern eine Metapher auf den modernen Kapitalismus. Umrahmt wird die Handlung vom US-Wahlkampf 2008 samt Wirtschaftskrise.

"Ich fand schon immer, dass es in Krimis im Grunde immer um Kapitalismus geht", sagt Regisseur Andrew Dominik. "Sie zeigen, wie die kapitalistische Idee in ihrer niedersten Form funktioniert." Je länger er sich mit dem Thema befasst habe, umso mehr begann er zu verstehen, dass es sich um eine Geschichte über eine Wirtschaftskrise handle. Im konkreten Fall eine Krise in der kriminellen Wirtschaft des illegalen Kartenspiels. Diese sei "ein Mikrokosmos der größeren Geschichte, die sich damals in Amerika abspielte", sagt Dominik.

Stadt am Boden: New Orleans statt Detroit

Es ist das Amerika des Jahres 2008. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama kämpft gegen den Republikaner John McCain um die Nachfolge von US-Präsident George W. Bush. Die Finanzkrise hat gerade ihren Höhepunkt erreicht. Die Geschichte spielt nicht zufällig in New Orleans, denn die Stadt spielt eine Hauptrolle. Sie sollte von den wirtschaftlichen Härten der vergangenen Jahre gezeichnet sein. Dominik dachte dabei zuerst an die brachliegende Autostadt Detroit, ehe er sich für das von Hurrikan Katrina heimgesuchte New Orleans - das mancherorts an Bürgerkriegsgegenden erinnert - entschied.

Wie ein Leitfaden ziehen sich Wahlkampf-Slogans durch den Film. "Amerika bietet jedem die Chance, sein Leben so zu gestalten, wie er es will", hört man da etwa. Plakate mit Obama und McCain prangen bedrohlich im Hintergrund, aus Radio und Fernsehen sind ständig die beiden politischen Rivalen zu hören.

Verbrechersyndikat agiert wie Unternehmen

Tatsächlich führt der simple Überfall auf eine illegale Kartenspielrunde zu einem Versiegen einer wichtigen Einnahmequelle eines Verbrechersyndikats. Es gilt, die alte Ordnung wieder herzustellen. Nicht zufällig wird im Hintergrund eine Rede von Obama eingespielt, in der er davon spricht, dass Vertrauen in die Finanzbranche wiederhergestellt werden müsse. "Wir erleben einen entscheidenden Moment in unserer wirtschaftlichen Entwicklung", sagt Obama, "wir müssen Maßnahmen ergreifen, sie zu stabilisieren. Wir wollen diese Maßnahmen nicht. Aber wir müssen jetzt handeln." Umgelegt auf "Killing them softly" heißt das: Als erstes muss ein Bauernopfer her, um zu zeigen, dass das System krisensicher ist. Im zweiten Schritt soll dann an den wahren Tätern ein Exempel statuiert werden - sie sollen ebenfalls getötet werden.

Killer Jackie Cogan (gespielt von Brad Pitt) entpuppt sich dabei als wahrer Kenner der Ökonomie. Er ist es, der einer entscheidungsschwachen Verbrechersyndikats-Führung vorschlägt, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen. "So läuft der Laden eben, nach diesen Regeln muss man spielen", sagt Schauspieler Pitt über seine Rolle. Das illegale Glücksspiel muss weitergehen, damit die Bosse Gewinn machen. Cogan begreift sich als Teil des Systems. Ein Job ist nur ein Job. Und den will er so professionell erledigen, wie das möglich ist. "Ich töte sie gerne sanft", sagt Cogan daher auch titelgebend. Es ist ihm zuwider seine Opfer leiden oder betteln zu sehen.

Abgesang auf den amerikanischen Traum

Dominiks Film ist ein Abgesang auf den amerikanischen Traum. Dabei funktioniert der Film aber nur bedingt. Zu aufdringlich und plakativ ist seine Kapitalismus-Kritik. Zu zwanghaft und mitunter nervend wirkt der ständige Bezug zur Finanzkrise. Sogar beim Überfall auf die illegale Pokerrunde läuft das Radio. Weniger wäre eindeutig mehr gewesen.

Es ist allerdings nicht ohne Ironie, dass auch der brave Vollstrecker Cogan um sein Honorar streiten muss. Erhält er nun 10.000 oder 15.000 Dollar pro Mord? Lakonisch - und zermürbt von all den politischen Schönredereien im Hintergrund - stellt er fest: "Amerika ist kein Land, sondern nur ein Business."

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