Karriere im antiken Athen: Vom Sklaven zum Bankier

Aufstieg Pasion Sklaven Bankier
Aufstieg Pasion Sklaven Bankier(c) EPA (Alexandros Beltes)
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500 vor Christus waren von den rund 300.000 Einwohnern Athens 120.000 Sklaven. Aus einem von ihnen wurde einer der reichsten Bürger Athens.

Das fünfte und vierte Jahrhundert vor Christus stellte die Blütezeit Athens dar: Die Demokratie war voll entwickelt und die Polis stand auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Auch wenn es aus heutiger Sicht unvorstellbar sein mag, war diese Entwicklung eng an ein anderes Phänomen gekoppelt: Die Sklaverei.

Tatsächlich ist die griechische Antike ohne Sklaverei nicht denkbar. "Für das Wirtschaftsleben der Griechen war die Sklaverei, in manchen Landschaften eine hörige Bauernschaft, von wesentlicher Bedeutung", schreibt Georg Busolt in seinem Buch "Griechische Staatskunde". Zwar war diese Hörigkeit schon in älterer Zeit weit verbreitet, doch "die Sklaverei kam erst in derselben Epoche der wirtschaftlichen Entwicklung zu voller Ausbildung, in der die Anfänge der Demokratie wurzeln", heißt es weiter.

Der Aufstieg des Sklaven

In der griechischen Antike wurde die Volkswirtschaft von einer Vielfalt an Branchen getrieben. Dazu zählten Töpfereien, Textilien, Schiff- und Hausbau sowie Metallbetriebe, wie "Die Welt" schreibt. Doch es gab keinen Fortschritt, was die Produktionsprozesse angeht. Das lag wohl vor allem daran, dass die Athener ihre Arbeit zu einem großen Teil von Sklaven verrichten ließen.

Mitte des fünften Jahrhunderts vor Christus waren von den rund 300.000 Einwohnern Athens 120.000 Sklaven. Aus einem von ihnen wurde einer der reichsten Bürger Athens: Pasion (ca. 430 bis 370 v. Chr.). Unklar ist, ob er von Geburt an Sklave war oder diesen Status durch Kriegsgefangenschaft erlangt hatte. Jedenfalls war er Sklave der Bankiers Archestratos und Antisthenes. Er war im Bankgeschäft offenbar äußerst tüchtig. Im Alter von ungefähr 30 Jahren wurde er schließlich freigelassen. "Als Freigelassener im Status eines 'ständig anwesenden Fremden' (metoikos) übernahm er die Bank seines ehemaligen Herrn und dessen Geschäftspartner, betrieb außerdem noch eine rentable Schildfabrik - und hatte fast alle Freiheiten, diese Geschäfte ungehindert zu betreiben", schreibt Ulrich Fellmeth in seinem Buch "Pecunia non olet: Die Wirtschaft der antiken Welt".

Tempel als Geldspeicher

Pasion führte die Geldwechsel-Geschäfte von Antisthenes weiter. Dafür reichte meist ein einfacher Tisch (griech. trápeza, daher die Berufsbezeichnung Trapeziten für griechische Bankiers). Die Trapeziten hielten sich gern in der Nähe von Tempeln auf, weil dort reger Verkehr herrschte. "Zum anderen aber hatten die antiken Tempel für die Entwicklung der Finanzbranche eine Art von prototypischer Funktion", schrieb dazu der Historiker Holger Sonnabend in "Damals".

"Schon lange vor der Zeit Pasions trugen die Menschen ihr Erspartes oder wertvolle Gegenstände in die Tempel und vertrauten sie dort der Obhut der Priester an - oder besser der von den Priestern repräsentierten Götter, die man weder für fähig noch willens hielt das Vertrauen der Kundschaft zu missbrauchen." Praktisch waren die Tempel auch aufgrund ihrer massiven Bauweise - sie waren als sichere Geldspeicher besser geeignet als normale Wohnhäuser.

Ein zeitloses Problem: Zu wenig Eigenkapital

Pasion verwahrte aber auch Depositen und investierte sie nach Vereinbarung weiter. Zur damaligen Zeit war das noch nicht weit verbreitet und brachte Zinsen zwischen zehn und zwölf Prozent. Dabei dürfte aber nicht immer alles sauber abgelaufen sein, wie eine Rede von Isokrates aus dem Jahr 393 v. Chr. zeigt. In der Rede wurde Pasion der widerrechtlichen Aneignung eines Depositums, das ihm anvertraut worden war, angeklagt. Pasion soll "schwierige Umstände seines Deponenten" ausgenutzt haben sowie ohne Skrupel getäuscht, Urkunden gefälscht, gestohlen und bestochen haben, schreibt dazu Jesús Huerta de Soto in seinem Buch "Geld, Bankkredit und Konjunkturzyklen".

Isokrates verwies in seiner Rede darauf, dass es gewagt sei, einen Bankier zu verklagen, weil "Geschäfte mit Bankiers ohne Zeugen gemacht werden und die geschädigten Parteien sich gezwungenermaßen gerade gegenüber Leuten in Gefahr bringen müssen, die viele Freunde haben, über große Geldsummen verfügen und durch ihren Beruf als glaubwürdig erscheinen". Von seinem Kunden zur Rede gestellt, soll Pasion zu weinen angefangen haben und gestanden haben, durch wirtschaftliche Schwierigkeiten dazu gezwungen gewesen sein, das Geld zurückzuhalten. Pasion soll auch darum gebeten haben, den Betrug geheim zu halten.

Die Pasion-Falle

Der antike Bankier hatte also offenbar ein Problem, das auch moderne Banken kennen: zu wenig Eigenkapital. Pasion habe Schwierigkeiten gehabt, das Geld zurückzugeben, "weil er keine hundertprozentige Reservedeckung aufrechterhalten und das deponierte Geld in Privatgeschäften genutzt hatte, sodass ihm kein anderer 'Ausweg' blieb, als öffentlich die Existenz des Depositums zu leugnen", so de Soto. Er findet es interessant, "den Gebrauch zu bedenken, den Bankiers immer schon von all ihrem sozialen Einfluss und ihrer Macht gemacht haben, um ihre Privilegien zu verteidigen und in ihrer betrügerischen Aktivität fortzufahren".

Es gilt als gesichert, dass Pasion entweder schuldig gesprochen wurde oder es zu einem Kompromiss mit dem Kläger kam. Dennoch gewann er das Vertrauen Athens wieder. Zwar brachten es Sklaven immer wieder zu Reichtum, die soziale Akzeptanz blieb ihnen aber normalerweise verwehrt. Denn Metöken war es nicht erlaubt, Grund und Boden zu erwerben oder zu besitzen. Doch Pasion bildete eine Ausnahme: 386 v. Chr. wurde er zum Bürger Athens. "Das war eine außergewöhnliche Anerkennung seiner Leistungen als Geschäftsmann und Bankier – und zugleich wohl auch eine diskrete Geste der Dankbarkeit von Seiten führender Politiker, denen Pasion aus mancher finanziellen Bedrängnis geholfen hatte", so Historiker Sonnabend.

Die oben geschilderte "Bankangelegenheit Pasion" hat übrigens sogar Einzug in den modernen Banker-Jargon gefunden:

Die Pasion-Falle

Unter der Pasion-Falle versteht man eine Vorgehensweise von Finanzinstituten, bei der die Bank Geld eines Anlegers in Verwahrung nimmt, das dieser illegal bzw. als politisch Verfolgter im Besitz hat. Gegenüber Behörden bescheinigt das Institut schließlich, dass dieser Anleger keinerlei Einlagen bei der Bank hat und somit mittellos sei.

Möchte der Anleger letztlich auf sein Geld zugreifen, verweigert die Bank das mit dem Hinweis auf die Erklärung des Institutes gegenüber den Behörden über das nicht Vorhandensein von Einlagen.

Quelle:finanz-lexikon.de

18 Prozent Zins waren üblich

Der Schuldzins betrug Fellmeth zufolge in der griechischen Antike bei normalen Darlehen übrigens zwischen zwölf und 18 Prozent. Der Experte geht daher davon aus, dass "produktive" Kredite in Handel und Gewerbe nur selten vergeben wurden. Die Mehrzahl der vergebenen Bankkredite waren Kleinkredite an Privatpersonen. Die griechischen Bankiers hielten sich auch bei risikoreichen Geschäften zurück, um nicht das Vertrauen der Anleger zu verlieren.

So ist kein einziger Fall der Vergabe eines Seedarlehens bekannt - als Sicherheit galten das Schiff und die Ladung. Zu hoch war das Risiko: "Fiel das Schiff Seeräubern, einem Sturm oder kriegerischen Auseinandersetzungen zum Opfer, so war weder mit einer Rückzahlung des Kredits noch mit einer Liquidierung der Sicherheiten zu rechnen", schreibt Fellmeth.

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