Wenn in Österreich alle Banken zusperren

Eine 10-Schilling-Münze.
Eine 10-Schilling-Münze.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Auch in Österreich kann das gesamte Bankensystem im Notfall gesperrt werden. Zu einer landesweiten Bankschließung kam es zuletzt 1945.

In Zypern sind seit fast zwei Wochen die Banken geschlossen, um einen Bankensturm zu verhindern. Auch in Österreich könnte eine solche Sperre von Konten bzw. des gesamten Bankensystems im Notfall verordnet werden. Rechtlich möglich macht das der Paragraf 78 (pdf) im Bankwesengesetz (BWG). Dieser regelt das sogenannte "Moratorium" und "internationale Sanktionen". Er wurde seit Bestehen in den 1970er-Jahren allerdings noch nie angewendet.

Im § 78 heißt es: "Geraten mehrere Kreditinstitute durch Ereignisse in Schwierigkeiten, die auf eine allgemeine politische oder eine allgemeine wirtschaftliche Entwicklung zurückzuführen sind, und entstehen dadurch Gefahren für die gesamte Volkswirtschaft" - explizit hervorgehoben werden die Funktionsfähigkeit des Bankwesens und die Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs - "so kann die Bundesregierung durch Verordnung bestimmen, dass alle Kreditinstitute in Österreich oder in einem bestimmten Gebiet in Österreich für den Zahlungsverkehr mit ihrer Kundschaft vorübergehend geschlossen werden und Zahlungen und Überweisungen weder leisten noch entgegennehmen dürfen."

Finanzminister kann bei "Gefahr im Verzug" handeln

Beschränkungen können aber auch nur für bestimmte Arten oder für einen bestimmten Umfang von Bankgeschäften ausgesprochen werden. Die Maßnahmen könnten also zum Beispiel einzelne Kreditinstitute betreffen oder Teilbereiche des Finanzsystems, wie den Zahlungsverkehr mit dem Ausland, oder die betragsmäßige Begrenzung von Behebungen.

Bei "Gefahr im Verzug" kann der Finanzminister über die Finanzmarktaufsicht (FMA) die betroffenen Kreditinstitute beauftragen, bis zum Inkrafttreten der Verordnung Zahlungen und Überweisungen weder zu leisten noch entgegenzunehmen. Durch die zeitweiligen Sperren des Kunden- und Zahlungsverkehrs soll volkswirtschaftlicher Schaden abgewehrt werden.

Österreichweite Bankschließung zuletzt 1945

In Österreich kam es zuletzt Ende April 1945, in den Endzügen des Zweiten Weltkriegs, zu einer landesweiten Schließung der Banken. Die neue österreichische Währung musste aus dem Verbund mit der Reichsmark herausgelöst werden. Es war die Zeit der Schwarzmärkte. Erst am 5. Juli 1945 wurden die Schalter der Banken wieder geöffnet. 60 Prozent der Einlagen wurden gesperrt. Über die restlichen Beträge konnte man bargeldlos - von einem Konto auf das andere - für lebens- und wirtschaftlich wichtige Zwecke verfügen. Nur Einlagen nach der Schalteröffnung, die sogenannten "Renner-Konten", waren frei von Beschränkungen.

Im November 1945 wurde dann das Schillinggesetz erlassen. Am 21. Dezember wurde der Schilling als einziges gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. Die alten Zahlungsmittel mussten bis zum 20. Dezember bei den Banken abgeliefert werden. Pro Kopf wurde nur ein Betrag von 150 Schilling mit 1:1 umgetauscht, der Rest auf ein Konto gut geschrieben, von dem man beschränkt abheben konnte. Von den Einlagen blieben weiterhin 60 Prozent gesperrt.

Gesperrte Konten wurden endgültig gestrichen

Im November 1947 wurde schließlich das Währungsschutzgesetz erlassen, mit dem Banknoten und Münzen durch neue Geldzeichen ersetzt wurden. Pro Kopf wurde erneut ein Betrag von 150 Schilling 1:1 in neue Noten umgetauscht. Der Rest wurde auf ein Drittel gekürzt - das heißt: für drei Altschillinge erhielt man einen Neuschilling. Die bisher gesperrten Konten (60 Prozent) wurden nun endgültig gestrichen. Die beschränkt verfügbaren Konten wurden in zweiprozentige Bundesschuldverschreibungen umgewandelt.

Der Eingriff durch das Gesetz stellte vor allem für die sozial Bedürftigen eine besondere Belastung dar, wie aus einem Projektbericht der Paul Lazarsfeld Gesellschaft für Sozialforschung hervorgeht. Sparbücher und Kriegsanleihen und andere Ersparnisse waren damit für Sparer mit einem Schlag verloren. Die den Kontoinhabern entzogenen Einlagen im Wert von fast elf Milliarden Schilling wurden auf ein Konto des Bundes übertragen.

Manchen blieb da nur mehr der Humor:

»Iß und trink solang Dir's schmeckt, schon zweimal ist uns's Geld verreckt!«

Spruch aus der Zeit des Währungsschutzgesetzes 1947

Sacheigentum war weniger betroffen

Zum Vergleich: Sacheigentum war von den Maßnahmen der ersten Nachkriegsjahre in weitaus geringerem Ausmaß betroffen. Und selbständige Unternehmer nutzten die Zeitspanne zwischen Gesetzesbeschluss und Veröffentlichung des Währungsschutzgesetzes, um Bargeldbestände - durch Kreditrückzahlungen oder der Bezahlung von Steuerschulden - abzubauen.

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