Heftiges Gezerre um Griechenhilfe

Heftiges Gezerre Griechenhilfe
Heftiges Gezerre Griechenhilfe(c) AP (Thanassis Stavrakis)
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Athen braucht noch diese Woche Milliarden zur Bezahlung von Altschulden, die entsprechende Hilfstranche wird aber erst nach Erfüllung aller Bedingungen freigegeben.

Brüssel/Athen/Frankfurt/Red./Ag. Die Euro-Gruppe lässt Griechenland weiter zappeln: Im Vorfeld des heute, Montag, stattfindenden Treffens der Eurofinanzminister zur Eurokrise war zu hören, dass es noch keinen definitiven Beschluss zur Auszahlung einer weiteren Hilfstranche von 31,5 Mrd. Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm über 130 Mrd. Euro geben werde. Griechenland müsse zuerst alle Bedingungen für die Auszahlung auf Punkt und Beistrich erfüllen.

Griechenland muss Ende der Woche kurzfristige Staatsanleihen über 3,1 Mrd. Euro tilgen. Das Geld dafür hätte aus der jetzt blockierten Hilfstranche kommen sollen. Dass das Land den Gläubigern dieser kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber seine Zahlungsunfähigkeit erklären muss, ist aber nicht zu erwarten.

Wie aus der EZB verlautete gebe es mehrere Möglichkeiten, dem Land kurzfristig zu helfen. Etwa über ein Notkreditprogramm, bei dem die griechische Notenbank bei der EZB Geld leiht und dieses den Geldhäusern des Landes weitergibt, damit diese damit Staatsanleihen kaufen.

Die Euro-Gruppe hat sich offenbar auf politischer Ebene darauf geeinigt, Griechenland nicht pleitegehen zu lassen, bei aktuellen und künftigen Hilfen aber extrem scharf auf die exakte Einhaltung aller vereinbarten Bedingungen zu bestehen.

Eine der Bedingungen für die aktuelle Hilfe war der Beschluss eines Sparprogramms über 13,5 Mrd. Euro, den das Parlament am Mittwoch voriger Woche über die Bühne brachte. Eine zweite Bedingung war die Zustimmung des Parlaments zum vereinbarten Budget 2013. Die Abstimmung darüber war für die gestrigen Nachtstunden vorgesehen. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Debatte noch im Gange.

Die (erwartete) Zustimmung des Parlaments bedeutet aber noch nicht, dass die Hilfstranche in dieser Woche freigegeben wird. Besonders Deutschland beharrt darauf, dass der Bericht der sogenannten Troika aus EU, IWF und EZB über den Fortschritt der griechischen Spar- und Sanierungsmaßnahmen abgewartet wird. Die Troika verlangt nach einem Bericht des „Spiegel“, dass Athen über die Personalabbaumaßnahmen im öffentlichen Dienst nicht nur Globalzahlen, sondern konkrete Namenslisten vorlegt.

Der deutsche Bundesbankpräsident Jens Weidmann fürchtet offenbar, dass die Troika einen „geschönten“ Bericht vorlegt: Er verlangte gestern, dass die Hilfen nur fließen dürfen, wenn die Troika „ungeschminkt und ehrlich“ feststellt, dass das Land seine Schulden auf Dauer tragen könne. Dabei dürften „die Folgen eines negativen Urteils nicht gescheut werden“, meinte Weidmann.

Nein zu Schuldenschnitt

Einen Schuldenschnitt für Griechenland unter Beteiligung der EZB lehnt Weidmann strikt ab: Das wäre ein direkter Transfer und käme einer verbotenen monetären Staatsfinanzierung durch die Notenbank gleich, meinte der Bundesbankchef. Auch ein Forderungsverzicht der Gläubigerstaaten würde nicht helfen, solange Griechenland nicht durch Reformen sichergestellt habe, dass es seine Lasten selbst tragen könne.

Die Finanzmärkte rechnen allerdings fix mit einem Schuldenschnitt, weil Griechenland anders nicht in der Eurozone gehalten werden könne. Wegen der heftigen Rezession – heuer sinkt das BIP um 6,5 Prozent, im kommenden Jahr im besten Fall um 4,5 Prozent – steigt die Schuldenquote trotz bereits erfolgter Defizitreduktion sehr scharf an. EZB-Direktor Jörg Asmussen sagte am Wochenende, nach dem Schuldenteilerlass durch private Gläubiger sei die Schuldenquote schon wieder auf 175 Prozent des BIPs gestiegen und werde im kommenden Jahr 190 Prozent erreichen. Der immer noch bestehende Plan, die griechische Schuldenquote bis 2020 auf 116,5 Prozent abzusenken, sei damit ziemlich illusorisch.

Auf einen Blick

Die Finanzminister der Eurozone beraten heute, Montag, über das weitere Vorgehen in Sachen Griechenland-Hilfe. Athen braucht noch diese Woche 3,1 Milliarden Euro, die Eurofinanzminister wollen aber zuerst alle vereinbarten Bedingungen für die Hilfe erfüllt sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2012)

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