USA werden weltgrößter Ölproduzent

(c) AP (Hasan Jamali)
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Dank sogenannter „unkonventioneller Quellen“ wie Schieferöl werden die Vereinigten Staaten von Amerika laut einer internationaler Energieagentur bereits ab dem Jahr 2020 mehr Öl als Saudiarabien fördern.

Wien/jaz. Dass die USA der größte Verbraucher von Erdöl sind, ist allgemein bekannt. Für Überraschung dürfte aber sorgen, dass die Vereinigten Staaten auch drauf und dran sind, schon in wenigen Jahren zum weltgrößten Ölproduzenten zu werden. So schreibt die internationale Energieagentur (IEA) in ihrem am Montag veröffentlichten „World Energy Outlook 2012“, dass die USA schon „ab 2020“ Saudiarabien bei der Ölförderung überholen würden. Derzeit sind die USA bei der Ölproduktion mit knapp 8 Millionen Fass Öl pro Tag hinter Saudiarabien (11 Millionen Fass) und Russland (10 Millionen Fass) noch die globale Nummer drei.

Grund für diesen Anstieg zur Öl-Supermacht sind sogenannte „unkonventionelle Quellen“, die schon seit Jahrzehnten bekannt sind, aber erst seit Kurzem gefördert werden. Die für die USA wichtigste davon ist Schieferöl. Bei diesem sind die wertvollen Kohlenwasserstoffe in winzigen – nicht miteinander verbundenen – Blasen im Gestein gebunden. Simples Anbohren eines solchen Feldes, wie es bei konventionellen Ölfeldern geschieht, bringt also keinen Erfolg.

Umstrittenes Fracking

Um das Öl zu fördern, muss die Gesteinsformation horizontal durchbohrt und dabei ständig aufgebrochen („gefrackt“) werden. Letzteres geschieht, indem Wasser, Sand und mehrere Chemikalien unter hohem Druck in das Bohrloch gepresst werden. Diese Technik ist zwar ebenfalls bereits mehrere Jahrzehnte alt, wurde jedoch erst in dem seit Anfang des Jahrtausends anhaltenden Schiefergasboom in den USA derart weiterentwickelt, dass inzwischen auch Schieferöl rentabel gefördert werden kann.

Seit einigen Jahren wird vor allem im US-Bundesstaat North Dakota die sogenannte Bakken-Formation entsprechend bearbeitet. Dies hatte zur Folge, dass der einst in der Ölförderung unbedeutende Bundesstaat nun bereits das zweitwichtigste Abbaugebiet der USA (nach Texas) ist. Und obwohl von Umweltschützern immer wieder Kritik am Fracking geäußert wird, da sie eine Verschmutzung des Grundwassers befürchten, dürfte der Ausbau der Schieferölförderung in den USA kräftig weitergehen. Denn das Land verfügt über riesige Potenziale. So enthält die Green River Formation unter den US-Bundesstaaten Colorado, Utah und Wyoming selbst bei konservativer Schätzung 800 Milliarden Fass Öl. Eine Menge, mehr als dreimal so groß wie die gesamten gesicherten Reserven von Saudiarabien.

Da trotz dieses Ausbaus der eigenen Ölförderung die Bemühungen der USA weitergehen werden, ihren Ölverbrauch von fast 19 Mio. Fass Öl pro Tag zu verringern, werde das Land rund um das Jahr 2030 sogar zu einem Nettoölexporteur werden, erwartet die IEA. Dies hat naturgemäß auch große Auswirkungen auf den internationalen Ölmarkt, bei dem die Haupt-Transportwege künftig nicht mehr in Richtung Westen, sondern vom Nahen Osten und Afrika in Richtung Asien führen werden. Und auch die Weltpolitik könnte sich in 20 Jahren anders darstellen, wenn etwa die Bedeutung des Nahen Ostens für die Ölversorgung der USA dann deutlich geringer ausfällt als heute.

Hohe Subventionen für Öl und Gas

In Summe wird der Energiehunger der Welt jedoch weiter zunehmen, prophezeit die IEA auch in ihrem diesjährigen Bericht. Doch während der Verbrauch in den OECD-Staaten de facto stagniert, legt er vor allem in China, Indien und dem Nahen Osten weiter stark zu (siehe Grafik). Mitgrund dafür ist die weiterhin starke Subventionierung von fossiler Energie in diesen Regionen – während etwa in Europa darauf hohe Steuern entfallen. So wurde der Verbrauch von Öl, Gas und Kohle im Vorjahr weltweit mit 523 Milliarden Dollar (411,2 Milliarden Euro) subventioniert – um 30 Prozent mehr als im Jahr 2010 und sechsmal so viel wie für erneuerbare Energieträger.

Wie andere Experten zuvor bestätigt auch die IEA, dass das Hauptproblem bei den fossilen Energieträgern nicht die vorhandenen Mengen sind, sondern das Erreichen der Klimaziele. So dürfe nicht mehr als ein Drittel der nachgewiesenen Vorkommen fossiler Brennstoffe verbraucht werden, um die selbst gesteckten Ziele noch erreichen zu können. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist laut IEA der großflächige Einsatz von CCS – eine Technik, bei der CO2 aus den Abgasen von Kraftwerken abgeschieden und unter der Erde gespeichert wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2012)

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