Pharma: Nestlé setzt auf chinesische Medizin

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Der Schweizer Nahrungsmittelmulti Nestlé geht ein Joint Venture mit dem chinesischen Pharmakonzern Chi-Med ein und erhält Zugriff auf dessen geheime botanische Bibliothek für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM).

Lutry/ES/AG. War die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) vor einigen Jahren noch als Firlefanz für esoterische Spinner verschrien, reagieren nun immer mehr Ärzte auf die steigende Nachfrage der Patienten. 2011 gab es in Österreich 3708 Mediziner mit einem Akupunktur-Diplom der Österreichischen Ärztekammer und 233 Ärzte mit einem ÖAK-Diplom für Chinesische Diagnostik und Arzneitherapie.

Jetzt springt auch der Schweizer Nahrungsmittelmulti Nestlé auf den TCM-Zug auf. Wie am Mittwoch bekannt wurde, geht Nestlé über seine Gesundheitssparte Nestlé Health Science ein Joint Venture mit dem chinesischen Pharmakonzern Hutchinson China Meditech, kurz Chi-Med, ein. Das von beiden Partnern je zur Hälfte gehaltene neue Unternehmen soll Medizin und Nahrungsmittelzusätze auf pflanzlicher Basis entwickeln und wird Nutrition Science Partners Limited (NSP) heißen. Der Fokus soll zunächst auf der Entwicklung von Medikamenten gegen Magen-Darm-Beschwerden liegen. In Zukunft will man auch Arzneimittel für Stoffwechselstörungen und neurologische Krankheiten wie Alzheimer herstellen. Wie viel Nestlé  investiert, um sich in das Know-how von Chi-Med einzukaufen, will der Konzern nicht bekannt geben.

Bibliothek der Pflanzenextrakte

Mit dem Joint Venture erhält Nestlé Zugriff auf die umfassende botanische Bibliothek von Chi-Med, in der über 50.000 pflanzliche Extrakte und 1200 verschiedene Heilpflanzen aufgelistet sind. Chi-Med gewährt Nestlé mit dem Deal auch Zugang zu seiner gastrointestinalen Forschungsplattform.

Chi-Med, dessen Mehrheitseigentümer die in Hongkong ansässige Hutchinson Whampoa Limited ist, wurde im Jahr 2000 gegründet und erwirtschaftete 2011 einen Umsatz von 50 Mrd. US-Dollar (39 Mrd. Euro). Der internationale Konzern beschäftigt über eine Viertelmillion Mitarbeiter in 53 Ländern. Chi-Med hat in den letzten Jahren stark von den vermehrten Staatsausgaben im chinesischen Gesundheitswesen profitiert. Diese haben sich im Zeitraum 2001 bis 2010 verzehnfacht.

„Wir werden neue botanische Medikamente und Nahrungsmittel auf den Markt bringen“, sagte Chi-Med-Vorstandsvorsitzender Christian Hogg. Nestlé-Health-Science-Geschäftsführer Luis Cantarell betonte, dass man „wirklich innovative und wissenschaftlich untermauerte Nahrungsmittellösungen“ entwickeln werde.
Die Sorge, dass diese Kooperation Nestlé ins esoterische Eck drängt, sei unbegründet, versichert Nestlé-PR-Chefin Hillary Green der „Presse“. Aktuelle Studienergebnisse würden dies beweisen. Ein von Chi-Med entwickeltes Medikament gegen das Reizdarmsyndrom habe in der zweiten Phase klinischer Tests bereits sehr gute Wirksamkeit gezeigt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2012)

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