Tourismus: "Deutschensteuer" auf Mallorca?

„Deutschensteuer“ auf Mallorca?
„Deutschensteuer“ auf Mallorca?(c) AP (Christof Stache)
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Die Ferieninsel steht vor der Pleite. Jetzt sollen Ökosteuern für Mietwagen, Pools und Supermärkte die Kassa füllen. Urlaubsindustrie und Handel protestieren.

Palma de Mallorca. Aufstand gegen Ökosteuern auf der Ferieninsel Mallorca: Die konservative Regierung der spanischen Baleareninsel steht vor der Pleite und braucht dringend Geld. Deswegen sollen nun neue Touristen- und Umweltabgaben die Kassa füllen, womit auch die Urlaubskosten steigen dürften. Im neuen Jahr soll eine Mietwagensteuer kommen, eine Wassersteuer für Großverbraucher wie Poolbesitzer, Golfplätze und Hotels, eine Ökosteuer für Supermärkte auf der grünen Wiese und auch noch eine Verpackungssteuer für Getränke.

Urlaubsindustrie und Handel laufen Sturm gegen die „grüne Steuerreform“, zumal schon höhere Flughafensteuern und gestiegene Mehrwertsteuern die Geschäfte erschweren. Finanzminister Josep Ignasi Aguilo rechtfertigte hingegen die neuen Abgaben mit der „Verteidigung von umweltpolitischen Werten“. Jedes Jahr verbringen rund zwölf Millionen Urlauber ihre Ferien auf den Balearen, zu denen neben Mallorca auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören.

Das Benzin ist auf Mallorca bereits teurer als etwa in der spanischen Hauptstadt Madrid, auf jeden Liter Inseltreibstoff wird ein „Notopfer“ von 4,8 Cent aufgeschlagen, um das defizitäre öffentliche Gesundheitssystem zu finanzieren. Weil auch das nicht reicht, um die Löcher in der Inselkassa zu stopfen, wird auf Mallorca immer mehr an der Steuerschraube gedreht. Die dramatische Finanzlage spiegelt sich darin, dass die Balearen mangels Geld sogar den nationalen Rettungsfonds des spanischen Staates um 355 Millionen Euro anpumpen mussten, um Gehälter und Rechnungen bezahlen zu können.

Kaum genutzte U-Bahn

Eine Misere, zu der übrigens nicht nur der Immobiliencrash beitrug, der die Steuereinnahmen reduzierte. Sondern auch Misswirtschaft und Verschwendung, wie etwa der Bau einer heute kaum genutzten U-Bahn in der Inselhauptstadt Palma. Und weitverbreitete Korruption, bei welcher der frühere konservative Balearen-Regierungschef Jaume Matas mitmischte – Matas wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Und sogar die Herzöge von Palma, Königstocher Cristina und Ehemann Inaki Urdangarin, stehen unter Verdacht, sich mit öffentlichen Geldern illegal bereichert zu haben. Die Bürger sollen es jetzt wieder richten: Ab Frühjahr 2013 wird gleich eine ganze Batterie von Ökosteuern kassiert, welche auch Mallorca-Urlauber treffen werden. Die kommende Mietwagenabgabe hat bereits den Beinamen „Deutschensteuer“, weil deutsche Touristen mit rund einem Drittel aller Inselbesucher das größte ausländische Urlauberkontingent stellen und die besten Leihwagenkunden sind. Je nach Schadstoffausstoß des Mietautos sollen zwischen 3,5 und neun Euro pro Miettag fällig werden – nur Elektroautos sind ausgenommen. Die Mietwagenbranche tobt. Und droht sogar, die Insel zu verlassen.

Zudem ist eine Wassersteuer geplant: Wer viel verbraucht, weil er etwa den Garten oder Golfplatz beregnet oder den Pool füllt, muss Straftarife zahlen. Die neue Sondersteuer soll ab einem monatlichen Verbrauch von sechs Kubikmetern, das entspricht 6000 Litern, fällig werden. Das ist knapp kalkuliert: Durchschnittsbürger verbrauchen drei bis vier Kubikmeter im Monat, eine Familie mit Kindern liegt also schnell über der Grenze.

Der Umwelt zuliebe?

Schließlich werden Einkaufsflächen auf der grünen Wiese, zu denen die meisten Kunden mit dem Auto fahren, mit einer Umweltsteuer belegt. Und Getränke werden allerorten durch eine Verpackungssteuer teurer, die zwischen vier Cent bei einer Weinflasche und 13 Cent für Zwei-Liter-Plastikflaschen beträgt. Zur Müllvermeidung wird Letzteres wohl nicht beitragen, denn ein Pfandsystem ist nicht vorgesehen. Handel und Hoteliers glauben deswegen auch nicht, dass diese Ökosteuern der Umwelt viel nutzen werden. „Hier geht es nur“, meinte ein Sprecher der Geschäftsleute, „ums Abkassieren.“

Auf einen Blick

Die Ferieninsel Mallorca steht vor der Pleite. Das macht die konservative Regierung der spanischen Baleareninsel erfinderisch: Im neuen Jahr sollen Steuern eingeführt werden, die vor allem Urlauber treffen. So ist eine Mietwagensteuer geplant, die bereits den Beinamen „Deutschensteuer“ trägt. Vorgesehen ist auch eine Wassersteuer für Großverbraucher – wie Poolbesitzer, Golfplätze und Hotels. Jährlich zählen die Balearen rund zwölf Millionen Urlauber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2012)

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