Opel: Ein unrettbares Werk im Todeskampf

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Die Tochter des US-Autokonzerns GM macht die Drohung wahr und schließt im Jahr 2016 das Autowerk in Bochum mit knapp 3400 Mitarbeitern. Die Belegschaft und der Betriebsrat wollen das nicht hinnehmen.

Wien/Ag./Jaz. Es war ein Vorfall, der die Stimmungslage bei vielen Bochumer Opel-Mitarbeitern an diesem Montagmorgen in Bilder goss: Als Opel-Interimschef Thomas Sedran nach einer kurzen Stellungnahme durch einen Hintereingang den Saal verlassen wollte, stellte sich ihm ein Gewerkschafter in den Weg, um den Manager noch einmal zur Rede zu stellen. Dies ließen die Sicherheitsleute des Opel-Chefs aber nicht zu. Laut Darstellung von Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel wurde der Mann zu Boden gestoßen und dabei auch noch gewürgt.

Es hätte dieses Zwischenfalls jedoch gar nicht mehr bedurft, um die Wut der Bochumer Mitarbeiter auf ihre Unternehmensführung weiter anzuheizen. Denn diese war bereits durch den Inhalt von Sedrans Ansprache auf höchster Stufe. So beendete der Opel-Chef die monatelangen Spekulationen über die Zukunft des Bochumer Werks: Die Fabrik mit knapp 3400 Mitarbeitern soll geschlossen werden.

Seit Jahren Wackelkandidat

Mit den Worten Sedrans ist das Schicksal eines Werks endgültig besiegelt, das schon seit Jahren regelmäßig als Kandidat für eine Schließung genannt wird, wenn Opel wieder einmal rote Zahlen oder einen Sanierungsplan vorlegen muss. Und das kam bei der deutschen Tochter des US-Konzerns Generals Motors in den vergangenen Jahren regelmäßig vor. So wackelte der Standort bereits im Jahr 2010 gehörig – schlussendlich „erwischte“ es jedoch das Werk im belgischen Antwerpen. In Bochum wurden damals allerdings hunderte Mitarbeiter abgebaut. Im Gegenzug für diesen Jobabbau konnten die Betriebsräte dem Management die Zusicherung abringen, dass bis 2015 kein Mitarbeiter in Bochum mehr seine Stelle verlieren wird. Die nun angekündigte Werksschließung soll 2016 erfolgen.

Der effektive Todesstoß für Bochum kam schlussendlich justament vom Stammwerk in Rüsselsheim. Denn die dortige Astra-Produktion wird aus Kostengründen per 2015 nach Polen und England verlagert. Um im Stammwerk dafür Ersatz zu schaffen, wird im Jahr darauf der Nachfolger des Zafira von Bochum in die hessische Zentrale verlagert. Für die Ruhrpott-Fabrik blieb schlussendlich kein zu produzierendes Auto mehr übrig.

Dies sind jedoch nur die Details des grundsätzlichen Problems von Opel, das aus vier Faktoren besteht: einem schrumpfenden Markt in Europa; dem Verbot, neue Märkte außerhalb Europas zu erobern; den dadurch entstehenden Überkapazitäten in den teuren europäischen Werken und zu guter Letzt dem über Jahre verfestigten schlechtesten Image aller deutschen Autohersteller.

Vor allem das schlechte Image konnte Opel trotz jahrelanger Versuche bei Marketing oder Fahrzeugpalette nicht beseitigen. Während Hauptkonkurrent VW – auch dank Tochter Audi – inzwischen beinahe Einlass in den Kreis der sogenannten Premiumhersteller (Audi, BMW, Mercedes) gefunden hat, bei denen die Kunden höhere Preise und somit höhere Margen akzeptieren, werden Opel-Fahrzeuge von immer weniger Menschen als begehrenswert erachtet. Hinzu kommt, dass GM den Deutschen verboten hat, Märkte außerhalb Europas zu bearbeiten. So soll Konkurrenz für die eigene Weltmarke Chevrolet verhindert werden.

Stark von Schuldenkrise getroffen

Der Erfolg von Opel hängt – neben Deutschland – daher vor allem von Märkten wie Frankreich, Italien oder Spanien ab, wo sich die Kleinwagen des Unternehmens mit den lokalen Herstellern duellierten. Doch seit der Schuldenkrise sind diese Märkte de facto zusammengebrochen. Absatzrückgänge im deutlich zweistelligen Bereich sind seither keine Seltenheit. Die Folge davon: Während GM im Vorjahr einen Gewinn von 7,6 Mrd. Dollar (5,9 Mrd. Euro) erzielte, mussten die Deutschen ein Minus von fast 800 Mio. Dollar verbuchen.

Um dies zu ändern, muss vor allem die Effizienz in den Werken erhöht werden, die seit Jahren unter massiven Überkapazitäten leiden und daher eine schlechte Wirtschaftlichkeit aufweisen. So war etwa Bochum nicht einmal im noch guten Jahr 2007 vollständig ausgelastet. Und es ist auch nicht überraschend, dass nun eines der vier deutschen Werke (neben Bochum und Rüsselsheim noch Eisenach und Kaiserslautern) an die Reihe kommt, da jene in Polen oder Spanien Lohnkostenvorteile bieten. Die Opel-Belegschaft in Bochum will diese Entscheidung des Managements aber noch nicht hinnehmen und den Erhalt des Werkes erzwingen. Wie, das ist aber noch nicht klar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2012)

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