Die Finanzkrise ist für die Banken noch längst nicht ausgestanden. Nun haben sich die US-Behörden einmal mehr JP Morgan vorgeknöpft. Der Vorwurf lautet erneut, falsche Angaben zu Hypothekenpapieren gemacht zu haben.
Washingon/Reuters/Dpa/Red. Es ist noch keine drei Wochen her, dass die Schweizer Großbank UBS zu einer Geldstrafe in Höhe von 1,4 Mrd. Franken (1,16 Mrd. Euro) wegen ihrer Verwicklung in den Libor-Zinsmanipulationsskandal verdonnert worden ist. Kurz zuvor hat die britische HSBC wegen Geldwäsche und Umgehung von Handelssanktionen eine Strafe von 1,9 Mrd. Dollar (1,43 Mrd. Euro) ausgefasst.
Doch auch das Platzen der US-Immobilienblase im Jahr 2007 hat für viele Banken noch immer ein juristisches Nachspiel. Nun hat der US-Finanzmarktregulierer NCUA wieder einmal die US-Großbank JPMorgan Chase wegen fragwürdiger Hypothekengeschäfte ins Visier genommen.
Falsche Angaben beim Verkauf
Die Behörde wirft dem Institut vor, falsche Angaben beim Verkauf von Hypothekenpapieren im Wert von 2,2 Mrd. US-Dollar (1,7Mrd. Euro) gemacht zu haben. Dies habe drei Genossenschaftsbanken in den Abgrund gerissen, erklärte die NCUA und reichte Klage ein.
JPMorgan Chase ist das größte Kreditinstitut der USA. Das Wall-Street-Haus ist gestärkt aus der Finanzkrise hervorgegangen. Doch ein rund sechs Milliarden Dollar schwerer Spekulationsverlust im vergangenen Jahr– Londoner Händler haben bei riskanten Spekulationsgeschäften hohe Geldsummen verloren– sowie mehrere Klagen wegen dubioser Deals aus der Vergangenheit haben am Image der Bank gekratzt. Mehrere Führungskräfte mussten den Hut nehmen.
Bei der neuen Klage geht es um Finanzprodukte, die ursprünglich die US-Sparkasse Washington Mutual verkauft hat. JPMorgan hat den zusammengebrochenen Rivalen in den Wirren der Finanzkrise 2008 geschluckt. Bei den fraglichen Papieren handelt es sich um sogenannte „Mortgage Backed Securities“. Diesen liegen Hauskredite zugrunde. Als die US-Immobilienblase 2007 platzte, konnten viele Hausbesitzer ihre Raten aber nicht mehr zahlen– und wegen der Ausfälle verloren auch die damit unterlegten Hypothekenpapiere drastisch an Wert. Das brachte die Finanzkrise ins Rollen, die in der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 gipfelte.
Andere Banken verglichen sich
Behörden und Investoren überschütten die Bankenwelt seitdem mit Klagen. Der Vorwurf lautet in fast allen Fällen, dass die Käufer über die Risken der Geschäfte getäuscht worden seien, vor allem über die Kreditwürdigkeit der Hausbesitzer. JPMorgan muss sich gegen diesen Vorwurf nicht zum ersten Mal wehren. Es ist bereits die dritte Klage der NCUA gegen das Institut wegen derartiger Hypothekendeals: Im Dezember verklagte die Aufsichtsbehörde das Geldhaus wegen Hypothekengeschäften über 3,6 Mrd. Dollar der Investmentbank Bear Stearns, die JP Morgan im März 2008 auf Geheiß der Regierung hastig übernommen hatte. Bereits im Juni 2011 wurde JP Morgan wegen eigener Hypothekengeschäfte im Volumen von 1,4 Mrd. Dollar verklagt. Beide Verfahren laufen noch.
Doch auch gegen Barclays, Credit Suisse, die Royal Bank of Scotland, die UBS sowie die zwischenzeitlich von Wells Fargo übernommene US-Bank Wachovia laufen derartige Klagen.
Andere Institute, darunter die Deutsche Bank, die Citigroup sowie die HSBC haben ähnliche Vorwürfe mit Vergleichen aus der Welt geräumt, die zusammen mehr als 170Mio. Dollar gekostet haben. Die Deutsche Bank zahlte damals mit 145 Mio. Dollar den Löwenanteil, ohne allerdings eine Schuld einzuräumen. Die Banken wollten durch die Vergleiche ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren vermeiden.
Die Behörde NCUA ist für die US-Genossenschaftsbanken zuständig und springt bei Pleiten ein, um die Kundeneinlagen zu schützen. Die Finanzkrise war mit den vielen Insolvenzen regionaler Geldhäuser besonders kostspielig. Die Behörde versucht mehr als vier Jahre nach dem Hochkochen der Krise noch immer, die milliardenschweren Schäden ersetzt zu bekommen.
Auf einen Blick
Im Zuge der Immobilienkrise verkauften mehrere Banken ihre wertlos gewordenen Hypothekenpapiere. Seither gibt es zahlreiche Klagen von Investoren und Behörden. Der Vorwurf lautet fast immer, die Käufer über den Wert der Papiere getäuscht zu haben. Gegen JP Morgan läuft bereits die dritte derartige Klage.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2013)