Firmenhymnen: Wenn Mitarbeiter singen

Firmenhymnen Wenn Mitarbeiter singen
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Die Raika Radstadt sorgt mit einer Firmenhymne für Belustigung. Singen für das Wir-Gefühl kann funktionieren, aber auch ziemlich nach hinten losgehen.

In Österreich sorgt momentan die kleine Raiffeisenbank Radstadt in Salzburg für Gelächter im Internet. Das Imagevideo "Die Raiffeisenbank Radstadt stellt sich vor... " ist seit ein paar Wochen der neue - unfreiwillige - YouTube-Hit. Bereits mehr als 177.300 mal wurde es angeklickt. Zu den Rhythmen des bekannten Schlagersongs "Marmor, Stein und Eisen bricht" besingen die Mitarbeiter darin die Verlässlichkeit einer kleinen Genossenschaftsbank in Zeiten der Krise. Die Reime sind ab und zu etwas holprig: "Ob Basel III, Liquidität - dam dam, dam dam - Eigenmittel sind Priorität - dam dam, dam dam..." (Mehr dazu unter: "Weine nicht, wenn der Zinssatz fällt")

Was in Radstadt entstanden ist, wird in vielen Firmen professionell gemacht. Firmenhymnen sollen das Wir-Gefühl in Unternehmen verbessern. Stefan Ladage, Gründer einer auf Telefon-Ansagen und Firmenmotivation spezialisierten Firma, produziert derartige Hymnen. "Je schlechter die Wirtschaft, desto höher die Nachfrage nach Hymnen", sagt Ladage. Tatsächlich kann eine aufwändig produzierte Hymne kann schon einmal 20.000 Euro kosten.

IBM als Hymnen-Pionier in den 1920er Jahren

Viele Firmen hätten inzwischen eine Hymne, bestätigt auch der Kulturwissenschaftler und Firmenhymnen-Forscher Rudi Maier von der Fachhochschule St. Gallen. Er schätzt die Zahl auf mehrere Tausend. Oft würden die Tradition, die Zugehörigkeit der Mitarbeiter und die gute Laune besungen. "Wenn es im Unternehmen gut läuft, dann schadet so ein Lied nicht. Wenn es schlecht läuft und in einem Song Versprechungen entworfen werden, die im Arbeitsalltag nicht eingelöst werden, geht der Schuss nach hinten los", sagte Maier im Interview mit "Financial Times Deutschland" im Mai 2012. Wenn die Arbeitsbedingungen nicht gut seien, könne man sich das Geld für eine Firmenhymne sparen.

Firmenhymnen sind vor allem aus Japan bekannt, haben aber ihren Ursprung in den USA, wo IBM in den 1920er Jahren damit angefangen habe, berichtet Maier. In Deutschland seien die Hymnen weniger verbreitet - viele Firmen wollten zudem nicht, dass ihr Song nach außen dringe, "weil doch häufig sehr viel Häme und sehr viel Spott über diese Lieder ausgegossen wird".

"Ein Team wie wir, das gibt's nur hier"

Einen besonders bekannten Firmensong hat die Fluggesellschaft Air Berlin. Das Lied mit den Zeilen "Flugzeuge im Bauch, im Blut Kerosin, kein Sturm hält sie auf, unsere Air Berlin" war 2006 ein Geschenk des Nürnberger Airports. "Dieses Lied hat Air Berlin als Firmenhymne damals übernommen", bestätigt ein Sprecher. Bis 2010 lief es auch als Warteschleifenmusik. Sogar ein Radiosender spielte den Song.

Die Mitarbeiter der Brauerei Warsteiner besingen sich zum Beispiel so: "Warsteiner, das heißt Leidenschaft, so haben wir es weit geschafft. Ein Team wie wir, das gibt's nur hier." Laut Sprecherin Christiane Willeke wurde das rockige Lied vor ein paar Jahren eingesungen und wird auch heute noch auf Mitarbeiterpartys gespielt. "Das war eine Motivationsveranstaltung", sagt sie. Und bei den meisten sei das Lied gut angekommen.

"Ein echtes Superteam, das zusammensteht"

Eingängig ist auch ein im Internet kursierender Schlager mit den Zeilen "Wir bei VW sind echt okay. Ein echtes Superteam, das fest zusammensteht". Das Lied ist auch auf Youtube zu finden. Dass der Autobauer VW selbst etwas mit dem Lied zu tun hat, weist der Konzern ausdrücklich von sich.

"Spiegel Online" hat bereits 2009 einige der skurrilsten Firmenhymnen zusammengesammelt. So sang etwa Con-Dental, ein kleines Zahnlabor, das Lied "Werden die Zähne immer schiefer, stimmt was nicht mit deinem Kiefer".

"Im Zweifel ist der Chef nicht der Kumpel"

Maier warnte im "Spiegel"-Beitrag, dass in Zeiten von Entlassungen Firmenhymnen deplatziert wirken können. Im Zweifel sei der Chef nicht der Kumpel. "Wenn die Firmenleitung anordnet, wir singen, jetzt zusammen, dann wissen die Mitarbeiter, dass etwas nicht stimmt." Dass eine Hymne peinlich ist, könne laut Maier wiederum positive Effekte haben. Denn das Lästern sei etwas, das wirklich zusammenschweiße.

(Red./APA/dpa)

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