Neuer Air-Berlin-Chef aus Österreich

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Wolfgang Prock-Schauer löst den glücklosen Hartmut Mehdorn als Chef der hoch defizitären Air Berlin ab. Die Sanierung der defizitären deutschen Fluglinie ist nicht die erste heikle Aufgabe des Airline-Experten.

Berlin/Wien/Eid. Langweilig wird ihm nicht werden, aber ruhige Jobs waren ohnedies nie das Faible von Wolfgang Prock-Schauer. In seiner 30-jährigen Karriere in der Luftfahrt habe er 20 Jahre mit Krisen und deren Bewältigung zu tun gehabt, sagte der Österreicher, als er im Dezember 2009 die Führung der schwer angeschlagenen Lufthansa-Tochter BMI übernahm. Jetzt wagt der 56-jährige Österreicher als Chef der hoch defizitären Air Berlin ein nicht weniger heikles Himmelfahrtskommando.

Die Restrukturierung der britischen Regionalfluglinie BMI scheiterte zwar (die Lufthansa verkaufte BMI wieder), die Saniererqualitäten von Prock-Schauer sind in der Branche aber unbestritten – und die wird der Vater von drei Kindern bei der zweitgrößten deutschen Fluglinie auch dringend brauchen. Die zuletzt von Ex-Deutsche-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn geführte Fluglinie geriet durch rasche Expansion und die Wirtschaftskrise ins Trudeln.

Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold hatte Konkurrenten wie die Deutsche British Airways (DBA), die LTU und die österreichische Niki erworben, wobei Niki Laudas Billigfluglinie immer schwarze Zahlen schrieb. Lauda hat seine restlichen Anteile Ende 2011 verkauft, vor wenigen Tagen hat er auch sein Aufsichtsratsmandat bei Air Berlin zurückgelegt.

Mehdorn leitete einen harten Sparkurs ein und holte Ende 2011 die Golf-Airline Etihad als finanzstarken Partner an Bord. Auch der Beitritt zum Flugbündnis Oneworld soll die Position verbessern. Die Araber butterten bisher 250 Mio. Euro zu – das Geld, so hieß es zuletzt, sei nahezu aufgebraucht. Zuletzt schrieb Air Berlin 2007 Gewinne. 2011 fiel ein Verlust von 272 Mio. Euro an. Die Schulden liegen bei rund 800 Mio. Euro.

Hart in der Sache

Prock-Schauer, der erst im Herbst als Strategiechef zu Air Berlin gestoßen war, schrecken heikle Missionen nicht. Geduldig, verbindlich, aber hart in der Sache – mit dieser Vorgehensweise, so bescheinigen ihm Mitbewerber, habe sich der Absolvent der Wirtschaftsuniversität als Mann für schwierige Fälle einen Namen gemacht.

Begonnen hat alles 1981 bei der AUA – fast logisch für einen Österreicher. Zehn Jahre später rückte Prock-Schauer in die zweite Managementebene auf. Dort war er unter anderem für die Integration der übernommenen Lauda Air und den Beitritt zum Luftfahrtbündnis Star Alliance zuständig und verantwortete auch die Bereiche Netzmanagement, Allianzen und die Langzeitplanung. Den kritischen Geist verlor Prock-Schauer trotz der langen Zugehörigkeit zur AUA nie, weshalb er 2002 ging.
Einmal versuchte er die Rückkehr: Als er sich 2005 um den AUA-Chefsessel (als Nachfolger von Vagn Sørensen) bewarb, hielt man sein Konzept zwar für zielführend, um die AUA in die Gewinnzone zurückzuführen –  aber auch als zu radikal. Den Job bekam bekanntlich Alfred Ötsch.

Enttäuschung in Indien

Ärger über die Entscheidung gegen ihn lag Prock-Schauer fern – eher amüsierte sie ihn. Außerdem hatte er zwei Jahre zuvor eine viel spannendere Aufgabe übernommen. Der indische Milliardär Naresh Goyal holte den Österreicher zu seiner Jet Airways. Prock-Schauer baute die junge Fluglinie auf und aus, gründete eine Pilotenschule und machte Goyal beim erfolgreichen Börsengang noch reicher. Als der Boom der indischen Luftfahrt infolge zu vieler neuer Gesellschaften im Land und der weltweiten Finanzkrise 2008/09 jäh endete, riss der Steigflug. Den von Prock-Schauer eingeleiteten Sparkurs mit Personalabbau und Streichen von Interkontinentalstrecken goutierte sein Eigentümer ganz und gar nicht. Die Schulden wuchsen ebenso schnell wie die Unstimmigkeiten. Bis Prock-Schauer die Konsequenzen zog und im Dezember 2009 zu BMI wechselte.

Bei Air Berlin hat er mit Etihad zwar auch einen eigenwilligen Miteigentümer – aber vor allem muss er den enttäuschten Aktionären wieder eine positive Perspektive vermitteln. Das geht nur mit schwarzen Zahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

oesterreicher ProckSchauer neuer AirBerlinChef
International

Der "kleine Wolfi" aus Österreich soll Air Berlin sanieren

Wolfgang Prock-Schauer übernimmt ab sofort den Posten des CEO von Hartmut Mehdorn. Er soll die deutsche Airline aus den roten Zahlen holen.
Niki Lauda
International

Niki Lauda steigt ganz aus Fluggeschäft aus

Lauda saß bisher noch im Aufsichtsrat der Fluglinie Air Berlin, an die sein Unternehmen "flyniki" verkauft worden war. Nun scheidet er aus dem Gremium aus.
File photo of German carrier Air Berlin aircraft taking off at Berlin's Tegel airport
International

Air Berlin und Niki mit 8,4 Prozent weniger Passagieren

Dennoch waren im November die Flugzeuge wegen der elf-prozentigen Rücknahme der Sitzplatzkapazitäten besser ausgelastet. Niki nach liegt nach elf Monaten weiter im Plus, Air Berlin im Minus.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.