Geldpolitik: Deutsche Bundesbank holt Gold heim

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Bis zum Jahr 2020 will die Deutsche Bundesbank die Hälfte ihrer Goldreserven in Frankfurt lagern. Paris wird hingegen als Lagerort aufgegeben. Eine neue Schlacht im „Währungskrieg“ hat begonnen.

Wien. Es wird ernst: Am Mittwoch wird die Deutsche Bundesbank ein „neues Konzept“ zur Lagerung ihrer Goldreserven vorstellen. Erstmals seit Jahrzehnten will die Bundesbank deutsches Gold von Lagerstätten im Ausland nach Frankfurt holen. Das berichtet das „Handelsblatt“.
Es geht immerhin um die zweitgrößten Goldvorräte der Welt: knapp 3537 Tonnen. (Die USA verfügen über rund 9000, die Eurozone gemeinsam über 10.000 Tonnen; China offiziell über rund 1000 Tonnen, Experten gehen aber davon aus, dass China bereits wesentlich mehr Gold gestapelt hat.) Die Goldreserven der Deutschen lagern aus historischen Gründen (Kalter Krieg) derzeit in New York, London und Paris. Laut Handelsblatt soll ein Teil des Goldes aus New York abgezogen werden, wo heute 45 Prozent des gesamten Bestandes lagern. Aus Paris soll alles Gold heimgeholt werden.

Dabei handelt es sich keineswegs um einen Affront gegenüber Frankreich. Die Deutsche Bundesbank will lediglich den Standort Frankfurt aufwerten, und Paris ist kein wichtiger Goldhandelsplatz. Bis 2020 will die Bundesbank rund die Hälfte der Goldreserven auf deutschem Boden lagern, heißt es aus Notenbankkreisen. In der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) will man dem Beispiel des Nachbarn vorerst nicht folgen. Österreich lagert sein Gold aber weder in New York noch Paris, sondern bereits seit Jahrzehnten an den Handelsplätzen London und Basel (siehe Grafik).

Wie damals, 1965

In Deutschland läuft seit einigen Wochen eine Debatte über den Verbleib der Goldreserven – ausgelöst durch eine Kritik des Bundesrechnungshofes an dem bisherigen Umgang der Bundesbank mit ihrem Gold. Dabei sieht die Tatsache, dass Zentralbanken überhaupt noch Gold halten, auf den ersten Blick absurd aus. Wozu brauchen sie das Metall in einer Welt, die von Papiergeld regiert wird? Und warum kommt gerade jetzt Bewegung in die Sache?

Es hilft ein Blick in die Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt der Gold-Devisen-Standard von Bretton Woods. Der Dollar war ans Gold gebunden, die übrigen Währungen an den Dollar. Das machte die US-Währung „so gut wie Gold“. Ein Privileg, das vor allem den Franzosen nicht gefiel. 1965 startete Präsident Charles de Gaulle eine Offensive gegen den Dollar. Er ließ als erster europäischer Regierungschef Gold heimholen, das sich nach dem Umtausch von Dollar-Reserven in New York angesammelt hatte.

Er betrachtete es als unerträglich, dass das französische Gold „dem Zugriff einer fremden Macht preisgegeben“ sein könnte. Die Rückholaktion war ein Misstrauensbeweis an die Zahlungsmoral der US-Amerikaner. Sechs Jahre später brach Bretton Woods zusammen und US-Präsident Richard Nixon schloss „temporär“ die Goldkonvertabilität des Dollar. Tatsächlich erklärte er damit de facto die Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten. Aber der Dollar war als Reserve- und Leitwährung zu wichtig. Es gab keine Alternative, die groß und stabil genug gewesen wäre. Ein Dollar-Kollaps hätte die ganze Weltwirtschaft zusammenbrechen lassen. Die übrigen wichtigen Nationen entschieden sich, den Dollar weiter als Leitwährung zu stützen.

Euro und Gold gegen Dollar

Aber heute schwindet diese Unterstützung. Jetzt wollen auch die Deutschen jenes Gold heimholen, das immer noch in New York liegt. Durch den massiven Anstieg des Goldpreises seit 2001 hat die Bedeutung des Metalls sukzessive wieder zugenommen. Zwar ist keine Währung mehr daran gebunden, als freistehende „Reservewährung“ drängt Gold sich aber geradezu auf. Anders als der Dollar wird das Metall von keiner Nation exklusiv kontrolliert – und kann auch nicht beliebig vermehrt werden. Der Euro wiederum ist durch das Gold gedeckt, dass die europäischen Zentralbanken halten. Gold ist auch der erste (und wichtigste) Posten in der Bilanz der EZB. China, Indien und Russland stocken ihre Vorräte auf.
Gleichzeitig tobt ein globaler „Währungskrieg“. Wenn dieser eskaliert, wird es wohl nützlich sein, das Reservegold auf heimischem Boden zu lagern. Heute ist die Welt komplizierter als 1971.

Auf einen Blick

Das deutsche Gold (3500 Tonnen) lagert zu 45 Prozent in New York und zu elf Prozent in Paris. Das soll sich ändern. Erstmals seit Jahrzehnten will die Bundesbank Gold nach Hause holen. Frankreich hat das schon Ende der 1960er erledigt. Die OeNB sieht vorerst keinen Handlungsbedarf: Die Reserven Österreichs (280 Tonnen) lagern ausschließlich in Europa: in London, Basel und in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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