Erste Bank schreibt im Osten 300 Millionen Euro ab

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Auch das Jahr 2013 „wird schwierig werden“, sagt Erste-Bank-Chef Andreas Treichl. Die Krise sei „keineswegs“ überwunden. Sorgenkind der Erste Bank ist die vor der Finanzkrise teuer zugekaufte Rumänien-Tochter.

Wien. Schon im Herbst 2011 überraschte Erste-Bank-Chef Andreas Treichl mit einem „Bilanzputz“. Damals nahm Österreichs führende Bank bei den Töchtern in Zentral- und Osteuropa diverse Abschreibungen vor. Dies führte dazu, dass das Institut 2011 mit 719 Mio. Euro den größten Verlust in der fast 200-jährigen Geschichte verbuchte. Und die Krise in Osteuropa ist noch nicht vorbei.

Am gestrigen Dienstag gab die Erste Bank bekannt, dass sie den Wert ihrer Beteiligungen noch einmal um 300 Mio. Euro abschreiben muss. Davon ist mit 260 Mio. Euro die rumänische Tochter Banca Comerciala Romana (BCR) besonders stark betroffen. Die BCR entwickelte sich in den vergangenen Jahren zum Sorgenkind der Erste Bank. Vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise, im Herbst 2006, hatte Treichl die größte Bank Rumäniens erworben. Es war eine der teuersten Bankübernahmen in Osteuropa.

Stellenabbau in Rumänien

In der Bieterschlacht setzten sich die Österreicher gegen mehrere internationale Finanzkonzerne wie die Deutsche Bank durch. In Summe gab die Erste Bank für die BCR etwas mehr als vier Mrd. Euro aus. Mittlerweile wurde die Beteiligung in mehreren Schritten abgeschrieben. Nun liegt der Firmenwert bei 600 Mio. Euro.

Im Vorjahr wechselte Treichl in Rumänien Teile des Managements aus. Kurz vor Weihnachten gab die BCR den Abbau von 1600 Stellen bekannt. Das sind 18 Prozent der dortigen Belegschaft. Mehr als 60 Niederlassungen sollen im Zuge des Umbaus geschlossen werden. Bereits in den ersten drei Quartalen 2012 hatte sich die Erste Bank in Rumänien von 700 Beschäftigten getrennt.

Die Erste Bank kämpft in Rumänien vor allem mit hohen Vorsorgen für faule Kredite. Laut einer am Dienstag von der Bank Austria vorgestellten Studie wird der Anteil der faulen Kredite in Rumänien heuer weiter steigen. Im Land gibt es bei 28 Prozent aller vergebenen Darlehen Rückzahlungsprobleme. Noch schlimmer ist die Situation in Kasachstan und in der Ukraine (siehe Grafik).

Aus der Ukraine wird sich die Erste Bank zurückziehen. Die dortige Tochter, die Verluste schreibt, wird verkauft. Trotz der Turbulenzen hat die Erste Bank im Vorjahr laut vorläufigen Zahlen einen Nettogewinn von 450 Mio. Euro erwirtschaftet, denn das Geschäft in Österreich, Tschechien und der Slowakei läuft hervorragend.
Analysten hatten laut Daten der Nachrichtenagentur Reuters jedoch einen Jahresgewinn von 690 Mio. Euro erwartet.

Aufatmen können die Aktionäre und der österreichische Staat. Für 2012 wird die Bank eine Dividende ausschütten und auch die Zinsen für das staatliche Partizipationskapital zahlen. Treichl geht davon aus, dass auch 2013 schwierig werden wird. Die Krise sei keineswegs überwunden. Die Erste-Aktien verloren am Dienstagnachmittag 3,5 Prozent.

Viel zu teuer zugekauft

Die Erste Bank ist kein Einzelfall. Vor Ausbruch der Finanzkrise übernahm beispielsweise die Bank Austria für einen Milliardenbetrag die Mehrheit an der kasachischen ATF-Bank. Laut „Presse“-Informationen soll die Tochter nun verkauft werden. Zieht man die Investitionen in Kasachstan vom kolportierten Verkaufspreis ab, ergibt sich ein Verlust von 1,8 Mrd. Euro. Die Bank Austria kommentiert diesen Betrag nicht.



Anders ist die Situation bei Raiffeisen. Denn Herbert Stepic, Chef der Raiffeisen Bank International, war der erste westliche Banker, der nach Osteuropa expandierte. Stepic gründete dort schon vor dem Fall des Kommunismus Tochtergesellschaften. Erste Bank und Bank Austria folgten später. Um trotzdem auf einen signifikanten Marktanteil zu kommen, tätigten sie teure Zukäufe.

Trotz der gegenwärtigen Turbulenzen zeigen sich Österreichs Banken hinsichtlich der langfristigen Chancen in Osteuropa zuversichtlich. Denn der Osten werde in den nächsten Jahren ein höheres Wirtschaftswachstum aufweisen als Westeuropa, sagte Raiffeisen-Chef Stepic am Dienstag vor Journalisten.

Österreichs Banken wollen sich beim Geschäftsausbau künftig vor allem auf jene Länder und Regionen konzentrieren, in denen die Wirtschaft besonders stark boomt, wie Russland, Polen, die Türkei und Tschechien. In den Problemländern wie Ungarn und Slowenien wird das Geschäft zurückgefahren. Raiffeisen will in Slowenien etwa um ein Drittel schrumpfen.

Auf einen Blick

Die Erste Bank hat vor Ausbruch der Finanzkrise die BCR übernommen. In Summe gaben die Österreicher für die größte Bank Rumäniens mehr als vier Mrd. Euro aus. Mittlerweile wurde die Beteiligung in mehreren Schritten auf 600 Mio. Euro abgewertet. Trotz der Turbulenzen hat die Erste Bank im Vorjahr einen Nettogewinn von 450 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Aktionäre sollen eine Dividende bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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