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Musikindustrie: Die Musik spielt nur noch online

(c) REUTERS (SUZANNE PLUNKETT)
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Die Pleite des britischen Musikhändlers HMV spiegelt die Krise einer ganzen Branche wider. Die Umsätze der Musikindustrie schwinden seit Jahren. Doch ausgerechnet das Internet sorgt für einen Lichtblick.

Wien. Großbritannien gilt als Mutterland der europäischen Popindustrie: Doch selbst dort wird das schmökern in Plattenläden immer schwieriger. Nicht nur, dass sich Virgin Megastore bereits vor Jahren aus dem britischen Königreich verabschiedet hat. Jetzt geht es auch der einstigen Konkurrenz an den Kragen: Wie nun bekannt wurde, musste der Musikeinzelhändler His Master's Voice, besser bekannt unter dem Namen HMV, Insolvenz anmelden. Der letzte Versuch, eine Finanzierung zu erhalten, sei gescheitert, heißt es. 239 Filialen und 4000 Jobs sind somit vom Aus bedroht.

Freilich, in Zeiten der Krise sind zahlreiche Unternehmen in schwierige Fahrwasser geraten. Wer dann aber auch noch in einer Branche Geld verdienen muss, der das Wasser bis zum Hals steht, hat zweifach Pech. Denn die Umsätze der Musikindustrie schwinden seit Jahren, die glorreichen Zeiten physischer Tonträger sind ebenso vorbei.

Das vor rund 90 Jahren gegründete Unternehmen HMV kämpfte nicht nur mit Schulden, sondern verabsäumte es auch,  die richtige Strategie für die digitale Welt zu finden. Als sich zuletzt auch noch die großen Plattenfirmen geweigert haben dürften, dem traditionsreichen Verkäufer von CDs und DVDs zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen, war es um HMV geschehen.

Das Musikgeschäft wird digital

Zwar gelten physische Tonträger auch heute noch als größter Umsatzbringer der Musikindustrie. Doch ihr Absatz schrumpft unaufhörlich. Wurden im Jahr 2000 noch 2,4 Milliarden CDs abgesetzt, hat sich die Nachfrage inzwischen halbiert.

Kein Wunder. Denn viele haben seit Jahren kein Plattengeschäft mehr von innen gesehen, geschweige denn eine CD gekauft. In Zeiten des Internets halten das die meisten auch nicht für notwendig. Schließlich lässt sich Musik heute bequem per Mausklick besorgen.

Den Anfang vom Ende der Branche markierte das Auftauchen der Musiktauschbörse Napster, die auf ihrem Höhepunkt von 60 Millionen benutzt wurde. Napster ist in seiner damaligen Form zwar Geschichte, die Branche wurde vom Siegeszug der Raubkopie jedoch nachhaltig beeinflusst – allen Klagen der Industrie zum Trotz. Erreichten die Umsätze mit Musik im Jahr 2002 weltweit noch 25 Mrd. Dollar (18,7 Mrd. Euro), schrumpften sie bis 2011 auf 16,6 Mrd. Dollar zusammen.

Ein weiterer Umbruch kam mit der Erfindung von iTunes, dem Musikdienst des Technologiekonzerns Apple, zu Beginn des Jahrtausends. Denn mit ihm stieg auch die Bereitschaft der Konsumenten, Musik nicht nur legal, sondern auch kostenpflichtig aus dem Internet herunterzuladen. Mittlerweile stellen auch Internethändler wie Amazon Musik zum digitalen Download bereit. Auch Musikdienste wie Spotifiy, bei denen Musik online und gegen Geld gestreamt werden kann, setzen sich zunehmend durch.

Für die Plattenindustrie ist dies deswegen erfreulich, weil sie bei jedem Tonträger mitschneiden kann. Legale Downloads sind es denn auch, die der Branche Hoffnung machen. Denn der digitale Absatz von Musik legt kontinuierlich zu und macht inzwischen rund ein Drittel des gesamten Marktes aus. Leute wie Rob Wells, Digitalchef von Universal, sehen für 2013 daher auch schon die Trendwende kommen.

Und immerhin: 2011 ist der Absatz von Musikalben, digital wie physisch, auf dem größten Markt der Welt, den USA, erstmals seit sieben Jahren wieder gestiegen. Und auch im wichtigen Markt Deutschland dürfte sich das Geschäft stabilisiert haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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