JP-Morgan-Chef Jamie Dimon muss Federn lassen

Jamie Dimon muss Federn
Jamie Dimon muss Federn(c) REUTERS (LARRY DOWNING)
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Der Chef von JPMorgan Chase erwirtschaftete zwar einen Rekordgewinn, musste aber wegen einer Spekulationsblase eine massive Gagenkürzung hinnehmen.

Washington. Der Abgesandte des Aufsichtsrats wartete die Schlussglocke der Börse an der Wall Street ab, ehe er am Dienstagnachmittag zwei Stockwerke herunterstieg, um Jamie Dimon persönlich die schlechte Nachricht zu überbringen. Es war eine böse Überraschung für den erfolgsverwöhnten Chef von JPMorgan Chase, doch er versuchte laut Informationen der „New York Times“, die Contenance zu wahren. Denn der Emissär hatte ihm soeben mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat beschloss, die Hälfte seines Honorars zu kürzen.

Das Kontrollgremium der Bank halbierte kurzerhand den Bonus für Dimon. Im Vorjahr hatte er noch eine Prämie von 20 Millionen Dollar eingestrichen, insgesamt die Spitzengage unter den Topbankern der Wall Street. Damit reduziert sich Dimons Jahresgage heuer auf 11,5 Mio. Dollar, knapp die Hälfte des Vorjahres. Der Bonus macht den Löwenanteil seines Honorars aus, das Grundgehalt beläuft sich lediglich auf 1,5 Mio. Dollar. Es trifft indes keinen Armen, seine Aktienanteile – ein Teil seines Gehaltspakets – kommen derzeit auf einen Wert von 263 Mio. Dollar.

Statuierung eines Exempels

Der Aufsichtsrat kam überein, ein Exempel zu statuieren. Denn JPMorgan Chase hatte im vorigen Frühjahr Milliardenverluste durch eine Spekulationsblase in der Londoner Filiale eingestanden, die Dimon anfangs als „Sturm in Teekessel“ abtat. Danach entschuldigte er sich jedoch in einer eilig einberufenen Krisensitzung bei den Anlegern. Der sogenannte „Londoner Wal“, der französische Banker Bruno Iksil, hatte mit hochriskanten Wettgeschäften die Bank in Misskredit gebracht. Der Schaden beläuft sich auf mehr als sechs Milliarden Dollar. Ein interner Prüfbericht zeigte auf 129 Seiten die Missstände detailliert auf. Die Ermittlungen der US-Justiz und der Börsenaufsicht SEC sind noch nicht abgeschlossen.

Als Konsequenz aus der Affäre gab es ein Köpferollen in der New Yorker Zentrale. Dimon-Stellvertreterin Ina Dew, die Chefin der Kontrollabteilung, musste ebenso zurücktreten wie drei weitere Spitzenbanker – darunter der Finanzchef sowie die Nummer zwei, James Staley. Auf Führungsebene leitete Dimon eine Umstrukturierung ein. Der Aufsichtsrat kam dennoch zu der Conclusio: „Mr. Dimon trägt letztlich die Verantwortung für die Verfehlungen, die zu den Verlusten führten.“ Er kommt damit einer Forderung der US-Finanzbehörden nach, Topbanker stärker zur Rechenschaft zu ziehen.

Üppige Gewinne an der Wall Street

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 hatte die Öffentlichkeit stets lamentiert, dass es für die Banken und ihre Topmanager keine Sanktionen gebe – weder finanzielle noch strafrechtliche. Zumindest bei den Bonuszahlungen steigen die großen Finanzinstitute an der Wall Street jetzt auf die Bremse. Sowohl Dimon als auch Lloyd Blankfein, der Chef von Goldman Sachs, haben ihren Banken ein Sparprogramm verordnet. Goldman Sachs will wenigstens zwei Milliarden Dollar einsparen.

Für Jamie Dimon, den 56-jährigen Superbanker, branchenintern gemeinhin als „King der Wall Street“ apostrophiert, ist die radikale Bonuskürzung eine Ungeheuerlichkeit. Eben erst hatte er wieder ein Rekordergebnis vorgelegt. Trotz des durch den „Londoner Wal“ hervorgerufenen Fiaskos steigerte JPMorgan im Jahr 2012 seinen Gewinn um zwölf Prozent, auf 21,3 Milliarden Dollar – der dritte Rekordgewinn in Folge. Auch Goldman Sachs verzeichnete ein üppiges Plus von 7,3 Mrd. Dollar, eine Steigerung von fast 200Prozent.

Dimon hatte seine Bank relativ unbeschadet durch die Finanzmisere manövriert. Er galt als deklarierter Lieblingsbanker Barack Obamas und kokettierte auch mit dem Job des Finanzministers. Der Präsident zog sich indes den Groll Dimons zu, als er dessen Tipps in den Wind schlug, die Wall-Street-Banker in einer Pauschalkritik als „fat cats“ abkanzelte und eine Finanzreform durchzog, die der Wall Street nicht behagte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2013)

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