Italien: Wie die älteste Bank der Welt alles verspielte

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720 Millionen Euro verlor die Traditionsbank Monte dei Paschi di Siena bei Finanzwetten. Der Skandal mischt den Wahlkampf auf - und bringt Noch-Premier Mario Monti und die Linksdemokraten in die Bredouille.

Siena/Rom/Wien, pk, basta. Der Handelsskandal bei der ältesten Bank der Welt mischt nun auch den italienischen Wahlkampf auf: Direkt aus Davos versprach am Freitag Noch-Technokraten-Premier Mario Monti eine sofortige Aufklärung der undurchsichtigen Finanzwetten, die der maroden toskanischen Traditionsbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) Millionenverluste beschert haben. Zugleich zog der Professor aus Mailand, der selbst kandidiert, indirekt die linksdemokratische Partei (PD) in die Affäre mit hinein: Wegen „ihrer historischen Verbindung zur Bank“ könnte die Affäre nun der Partei schaden, sagte er in einem Interview.

Linksdemokraten-Chef Pier-Luigi Bersani reagierte empört und bestritt jegliche Verbindung. Doch der Skandal der MPS, die als einzige toskanische Großbank in der Krise auf staatliche Hilfe angewiesen war, könnte die derzeit in allen Umfragen führende Linkspartei tatsächlich in die Bredouille bringen. Denn die Nähe zwischen Partei und Bank ist unleugbar: Die Linksdemokraten sitzen im Aufsichtsrat der einflussreichen Stiftung, die zur Bank gehört und immer noch rund 40 Prozent ihrer Aktien kontrolliert. „Es ist unwahrscheinlich, dass sie nichts von den verlustreichen Deals gewusst haben“, polterte Ex-Premier Silvio Berlusconi.

Staatshilfe für toskanische Bank

Der Medienmagnat, dessen Mitte-rechts-Partei in allen Umfragen den Linksdemokraten hinterherhinkt, kann sich freuen: Er könnte vom Skandal profitieren. Denn auch Monti, sein Hauptrivale, könnte vier Wochen vor der Parlamentswahl stark unter Druck geraten. Der Regierungschef wird heftig kritisiert, weil er im November der Bank, die vom früheren UniCredit-Chef Alessandro Profumo geführt wird, Staatshilfen genehmigt hat. MPS hat über 3,9 Mrd. Euro beantragt, 500 Mio. Euro davon im Herbst. Noch ist kein Geld geflossen. Gestern wollten die Aktionäre dem Antrag auf Staatshilfe zustimmen.

Bis Wochenbeginn schien noch alles mehr oder weniger in Ordnung zu sein mit der drittgrößten italienischen Bank, die 1472 gegründet worden war. Das toskanische Geldinstitut, das allein zwischen 2011 und den ersten neun Monaten 2012 einen Verlust von 6,2 Mrd. Euro angehäuft hatte, schien auf dem Weg der Besserung. Es verringerte seine 3000 Filialen um ein Siebentel, entließ Manager und baute das Personal um zehn Prozent ab, was 160 Millionen Euro an Einsparungen brachte.

Viel mehr, allerdings Buchgeld, profitiert MPS von der günstigen Entwicklung der zwischendurch recht riskanten italienischen Staatsanleihen. Mit etwa 25 Milliarden Euro hatte der „Monte“ sich in den vergangenen Jahren auf diese Weise vollgepumpt, stärker als vergleichbare Großbanken des Landes; das war zweieinhalb mal so viel wie das Eigenkapital der toskanischen, sparkassenähnlich verfassten Bank. Seit September 2012 muss Italien immer weniger Risikoaufschlag auf seine Staatsanleihen zahlen, was sich bei MPS rechnerisch als Plus von 1,4Milliarden Euro ausgewirkt hat.

Jetzt aber kam ein heftiger Schlag ins Konto. Aufgeflogen ist ein verlustreiches Finanzgeschäft, das die Sieneser mit der japanischen Bank Nomura abgeschlossen haben, um für das Krisenjahr 2009 die Bilanz zu frisieren. Genauer gesagt diente es dazu, dreistellige Millionenverluste aus früheren, hoch riskanten Finanzoperationen zu verschleiern. Mit „giftigen“ Derivaten, den sogenannten „Alexandria-Bonds“, die 2005 für 400 Millionen Euro von der Dresdner Bank gekauft wurden, fing der Schlamassel an. Verluste daraus – 220 Millionen Euro – wollte MPS durch den Verkauf der Bonds auf Nomura überwälzen und sie auf 30 Bilanzjahre strecken – durch Gegengeschäfte, die an italienische Staatsanleihen gebunden waren. Kurz danach gerieten genau diese in die Krise.

720 Millionen Euro Verluste

„Santorini“ hieß ein anderes Spekulationsgeschäft, mit dem sich der „Monte“ gegen Kursrisken absichern oder seine Bilanzen schönen wollte. Es wurde abgeschlossen mit der Deutschen Bank und endete in einem Desaster. Insgesamt musste MPS aus all diesen Geschäften ein zusätzliches Minus von 720 Mio. Euro in die Bilanz von 2012 schreiben. Zusätzlich kämpft der „Monte“ noch immer mit den Nachwirkungen einer allgemein als überteuert eingestuften Übernahme: Um im reichen, industriellen italienischen Norden mitzumischen und nicht in idyllischer toskanischer Provinzialität zu enden, kaufte MPS 2008 die venezianische Bank Antonveneta für zehn Mrd. Euro. Und bei der Darlehensvergabe waren die Sieneser offenbar großzügiger als andere Banken. Dafür haben sie jetzt mit 17 Mrd. Euro mehr notleidende Kredite in den Büchern stehen als die Konkurrenz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2013)

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