Der 51-Jähriger Spitzenmanager Karl-Thomas Neumann übernimmt das Ruder bei Opel. Er soll den Autobauer wieder in die Gewinnzone führen.
Der frühere VW-Spitzenmanager Karl-Thomas Neumann übernimmt zum 1. März das Ruder beim kriselnden Autobauer Opel, wie dies bereits seit zwei Wochen erwartet wurde. Der Aufsichtsrat berief den 51-Jährigen am Donnerstag zum Vorstandsvorsitzenden, wie die Adam Opel AG in Rüsselsheim mitteilte.
Neumann wird zudem Aufsichtsratschef Steve Girsky als Präsident von GM Europe ablösen und zieht in den Vorstand der Opel-Mutter General Motors (GM) ein. "Er wird eine Schlüsselrolle in der weltweiten Führung von GM spielen", betonte das Unternehmen in der Mitteilung.
An der Spitze des Autobauers übernimmt der gelernte Elektroingenieur wie erwartet den Posten von Interimschef Thomas Sedran, der Strategievorstand bleibt. Sedran hatte die Opel-Führung Mitte Juli 2012 nach dem Rauswurf des glücklosen Karl-Friedrich Stracke übergangsweise übernommen.
Auf Neumann, der zuletzt zwei Jahre lang die Geschäfte für VW in China leitete, wartet ein großer Brocken Arbeit: Er soll den Autobauer, der seit Jahren Verluste schreibt und massiv unter der aktuellen Absatzkrise in Europa leidet, bis zur Mitte des Jahrzehnts wieder in die Gewinnzone führen.
2012 begeht Opel sein 150-Jahr-Jubiläum, zum Feiern dürfte aber kaum jemandem zumute sein: Ausgerechnet am Geburtstag des Firmengründers Adam Opel schickt der angeschlagene Konzern 9000 Mitarbeiter des Stammwerkes in Rüsselsheim in Kurzarbeit. Im Anbetracht der Krise erinnert man sich gerne an bessere Zeiten zurück. Kai Pfaffenbach Alles beginnt im Jahr 1862 in Rüsselsheim: Damals begann Adam Opel in der väterlichen Werkstatt mit dem Bau der ersten Opel-Nähmaschine. 1863 macht er sich schließlich selbstständig - in einem ehemaligen Kuhstall. Das Geschäft wächst schnell, bald war die gesamte deutsche Produktion fast höher als der mögliche Weltabsatz. (c) GM Company Nach einem Brand im Opel-Werk in Rüsselsheim gibt man die Produktion von Nähmaschinen schließlich auf... (c) GM Company ...und konzentriert sich auf Motorräder... (c) GM Company ...und Fahrräder. Mitte der 1920er Jahre ist Opel der größte Fahrradhersteller der Welt. Die fünf Söhne Adam Opels sind berühmte Radrennfahrer und tragen zur Popularität der Marke bei. Auf diesem Foto sieht man Wilhelm Opel, der einem Sportkameraden Starthilfe gibt. (c) GM Company 1899 beginnt Opel mit dem Bau von Autos. "Opel Patent-Motorwagen System Lutzmann“ ist das erste Modell der Firma. Es leistet 3,5 PS und fährt 20 km/h schnell. (c) GM Company Neben Autos, Feuerwehrautos, Lastwagen, Fahrrädern und Motorrädern werden von Opel auch Flugzeug-Motoren gebaut. (c) GM Company Als erster deutscher Autohersteller investiert die Firma 1924 in ein Fließbandsystem für Serienproduktionen. Der nur in grün lieferbare "Laubfrosch" (offizielle Bezeichnung "Opel 4/12 PS") kann so billig unter das Volk gebracht werden. (c) GM Company Außerdem macht das Unternehmen mit spektakulären Rekorden von sich reden: Fritz Opel erreicht 1929 mit seinem "Raketen-Auto" RAK2 eine Geschwindigkeit von 238 km/h. (c) GM Company Ein Jahr darauf gelingt der Firma in Frankfurt eine weitere Sensation: Der erste - wenn auch nur kurze - Raketenflug der Welt. (c) GM Company Auch beim Kundenservice sind die Rüsselsheimer Vorreiter: Als erster Automobilhersteller richtet Opel eine Kundendienst-Schule ein. (c) GM Company 1928 ist Opel mit 44 Prozent aller produzierten Kraftfahrzeuge der größte Fahrzeughersteller im Deutschen Reich. Trotzdem werden in dieser Zeit wegen der Wirtschaftskrise alle Unternehmensanteile an General Motors verkauft. Im Bild: Der erste Kompaktwagen der Firma, ein Opel Kadett 1936. (c) GM Company Während des Zweiten Weltkriegs muss Opel auf Anordnung des NS-Regimes die Produktion ziviler Pkw völlig einstellen. Neben Komponenten für die deutsche Rüstungsindustrie stellt die Firma den wichtigsten Lastwagen der Wehrmacht her, den Blitz "S". (c) GM Company Die Fabriken der Firma werden durch Bombenangriffe schwer beschädigt, nach Kriegsende erholt sich das Unternehmen jedoch sehr schnell und beginnt zusätzlich mit der Produktion von Kühlschränken. (c) GM Company Zum 100. Geburtstag 1962 wir ein neues Opel-Werk in Bochum gebaut, 1966 rollt der ein-millionste Opel Kadett vom Band. (c) GM Company Das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit lässt auch Opel boomen - in den 1960ern und 1970ern ist die Firma nach VW der zweitgrößte Autohersteller Deutschlands. Der Opel Manta kommt - und mit ihm zahlreiche Manta-Witze. "Warum haben manche Manta-Fahrer einen Strohballen auf dem Beifahrersitz? – Hauptsache blond." (c) GM Company Ab den 70ern wird überall in der Branche verstärkt auf Sicherheit, Verbrauch und Umweltfreundlichkeit gesetzt. Mit einem Elektro-Auto erreicht Georg von Opel einen Geschwindigkeitsrekord von 188 km/h. (c) GM Company Die Ölkrise der 80er versetzt dem Konzern einen großen Rückschlag, das erste Mal seit 30 Jahren schreibt Opel rote Zahlen. Die massiven Einsparungen unter dem Opel-Manager Jose Lòpez führen zu Qualitätsproblemen und einer schlechten Imageentwicklung für die Marke. Lòpez wechselt später zu VW und wird wegen Industriespionage verurteilt. (c) GM Company Zum 125 Geburtstag geht es wieder leicht bergauf, mit einem Marktanteil von 15,6 Prozent ist Opel dem großen Rivalen Volkswagen dicht auf den Fersen. Trotzdem ist die Firma weit davon entfernt, an alte Erfolge anzuknüpfen. (c) GM Company Die weiteren Innovationen im Bereich Elektromobilität und Wasserstoff-Antrieb sind zwar gut fürs Image, wirkliche Gewinne fährt man damit aber nicht ein. Die Elektrofahrzeuge werden eher von Firmen gekauft, die damit Öko-Punkte sammeln wollen. (c) GM Company Die anhaltend schlechte Konjunkturlage zwingt zu weiteren Einsparungen. 2006 etwa sind in dem Opel-Werk in Bochum nur noch 27.661 Mitarbeiter beschäftigt, zehn Jahre davor waren es noch 44.700. Es kommt zu Streiks. Gabelstapler blockieren den Eingang zum Werk in Bochum. Franz-Peter Tschauner Der Marktanteil Opels sinkt im Lauf der Jahre auf 7,2 Prozent. Aufgrund der Finanzkrise 2008 muss der Konzern als erster deutscher Autohersteller um staatliche Hilfe ansuchen. Alex Domanski 2009 versucht Opel sich, wegen der General-Motors-Insolvenz vom Mutterkonzern zu lösen. Nach langem Hin und Her bleibt die Firma dann doch bei dem US-Hersteller. Jeff Kowalsky Während sich der Mutterkonzert GM wieder erholt und 2012 einen Rekordgewinn einfährt, verbucht Opel eine Verlust von mehreren Millionen Euro und schickt seine Mitarbeiter in Kurzarbeit. Ina Fassbinder Seit 1999 kann die Traditionsmarke nur im Jahr 2006 einen Gewinn eingefahren. Dies liegt jedoch nicht nur an der Gesamtkonjunktur, Opel ist deutlich schwächer als der Markt. In Westeuropa bricht der Opel-Absatz im ersten Halbjahr um fast 15 Prozent ein, die gesamte Branche verliert "nur" 6,3 Prozent. Hannibal Hanschke Die Sanierungspläne sehen unter anderem ein verstärktes Engagement am Boommarkt Russland vor. Außerdem will der Konzern bis 2016 20 neue Modellvarianten herausbringen. Auch wenn es von vielen vermutet wird: Offiziell möchte Opel keines seiner dreizehn Werke schließen. Rolf Vennebernd (APA/dpa)
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