Venezuela wertet Bolivar deutlich ab

Venezuela wertet Bolivar deutlich
Venezuela wertet Bolivar deutlich(c) REUTERS (JORGE SILVA)
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Der Schritt hilft dem Land beim Schuldenabbau. Vom "echten" Wert ist der Bolivar weit entfernt. Finanzminister Jorge Giordani vermied bei der Bekanntgabe tunlichst das Wort „devaluación“.

Buenosaires/A.f. Die Bombe platzte just vor dem Faschingswochenende, doch gute Laune dürfte sie nicht verbreiten. Venezuelas Regierung wertete die Landeswährung Bolivar um fast 32Prozent gegenüber dem Dollar ab. Der Schritt war seit Monaten erwartet worden, doch als er schließlich kam, waren trotzdem viele überrascht. Denn diese für den sozialen Frieden heikle Operation wurde ausgeführt, obwohl Venezuelas Präsident noch der oberste Patient des Landes ist. Seit zwei Monaten gibt es von Hugo Chávez kein Foto, kein Film- und Tondokument, die Abwertung geschah offiziell dennoch auf seinen Wunsch.

Finanzminister Jorge Giordani vermied bei der Bekanntgabe tunlichst das Wort „devaluación“, sprach lieber von der „Anpassung des Wechselkurses“. Doch eine Anpassung an die Wirklichkeit dürfte der neue Kurs von 6,30 Bolivares pro Dollar kaum darstellen. Denn seit Monaten, vor allem seit der Abreise des Präsidenten Chávez nach Kuba, ist der Schwarzmarktkurs der US-Devise explodiert. Vorige Woche mussten Venezolaner 19Bolivares für einen Dollar hinlegen, dreimal mehr als nach dem „neuen“ Wechselkurs.

Inflationsrate wird stark steigen

Die Differenz zwischen „schwarzem“ und offiziellem Dollar – den kein einfacher Bürger oder Kleinunternehmer frei bekommt – war einer der makroökonomischen Gründe für die Abwertung, dazu kommen das enorme Budgetdefizit von 20 Prozent der Wirtschaftsleistung im Vorjahr, das niedrige Niveau liquider Währungsreserven und die massive Zunahme von Importen – allein im Vorjahr stiegen diese um 20 Prozent.

Durch die Abwertung kann der Staat seine Schulden bei heimischen Gläubigern leichter zurückzahlen. Denn die Ölexporte werden in US-Dollar abgerechnet. Tatsächlich fehlen dem Ölstaat Dollars, obwohl ein Barrel venezolanischen Rohöls heute elfmal so viel wert ist wie 1999, als Hugo Chávez die Präsidentschaft übernahm. Umgekehrt sinkt der Mindestlohn – den viele einfache Beschäftigte bekommen – von 476 Dollars auf 325. In dem Land, das 80Prozent aller Lebensmittel importieren muss, weil die sozialistische Produktion nicht funktioniert, wird die Verteuerung der Devisen einen Anstieg der Inflationsrate auslösen. Diese lag im Vorjahr schon bei 20,1 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2013)

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