Deutscher Verlag sagt "Adieu" zu Amazon

File of a box from Amazon.com is pictured on the porch of a house in Golden
File of a box from Amazon.com is pictured on the porch of a house in GoldenREUTERS
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Nach einer Reportage über die Arbeitsbedingungen bei Amazon verabschiedet sich der Verleger Christopher Schroer vom Versandhändler.

"Eigentlich sind wir froh darüber, einen so schwierigen Geschäfspartner los zu sein": Mit diesen Worten sagt der kleine Verlag "Ch. Schroer" aus Nordrhein-Westfalen "Adieu" zum Versandhändler Amazon. Anlass ist eine ARD-Reportage über die Arbeitsbedingungen bei dem Konzern ("DiePresse.com" berichtete). Doch schon lange fühlte sich Verlagsinhaber Christopher Schroer von dem Versandriesen schlecht behandelt. In einem Brief an Unternehmenschef Jeff Bezos - der auf "Horizont.net" veröffentlicht wurde, kritisiert Schroer, dass Amazon die Marktmacht gegenüber ihren Partner "rigoros" ausnütze.

"Luftige Buchungstricks"

So spricht der Verleger etwa "überzogene Rabattforderungen" von 55 Prozent an, die sich aus 50 Prozent Rabatt plus fünf Prozent Lagerungskosten zusammensetzten. Außerdem wirft Schroer Amazon "luftige Buchungstricks bei der Umsatzsteuer" vor. Er ärgert sich darüber, "dass Sie von kleinen Zulieferern verlangen, Rechnungen zu stellen, die dann ins EU-Ausland versandt werden müssen". Weiters würde der Versandhändler Ware zurücksenden, die "nicht pfleglich" behandelt wurde - und damit vom weiteren Verkauf ausgeschlossen sei, kritisiert Schroer.

Auszug aus dem Brief

Amazon macht sichtbar, und wer nicht bei Ihnen gelistet ist, der ist bei Endkunden auch nicht "seriös" – oder: Was es bei amazon.de nicht gibt, gibt’s nirgends.

Wirtschalich trägt sich Ihr Geschäfsmodell für uns nicht. Hat es im übrigens noch nie. Zu überzogen sind Ihre Forderungen, wir fühlen uns nicht als Partner behandelt, sondern als Bittsteller, der bitte, bitte, bitte seine Bücher über Ihre Plattform vertreiben darf und zwar zu Konditionen und Verträgen, die Sie diktieren.

Nun aber bringt die aktuelle Berichterstattung das Fass zum Überlaufen: Sie behandeln Menschen wie Ware. Menschen, die in eine Notlage geraten sind, die Arbeit dringend brauchen.

Nicht leugnen will Schroer gegenüber "Horizont.net", dass er mit der Aktion auch die Aufmerksamkeit für sein Geschäft steigern will. Im Kern sei es ihm jedoch darum gegangen, dass die "Kunden endlich wach werden."

Schon im Vorjahr war ein Streit zwischen US-Verlagen und Amazon eskaliert, weil der Versandriese alle Titel der IPG-Verlage (Independent Publishers Group) aus seinem Kindle-Store entfernt hat. Wie "Boersenblatt.net" berichtete, gab der US-Kinderbuchverlag EDC bekannt, dass er generell keine Bücher mehr über Amazon vertreiben will.

>>> Reaktionen: Shitstorm auf Facebook & Co.

(Red.)

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