Dumpinglöhne: Trenkwalder droht Lizenzentzug

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Gegen die deutsche Tochter der österreichischen Leiharbeiterfirma läuft eine Sonderprüfung. Auch Amazon zieht bereits Konsequenzen aus dem Skandal und feuert den umstrittenen Sicherheitsdienst H.E.S.S.

Ein ARD-Bericht über die schlechten Arbeitsbedingungen beim Online-Händler Amazon schlägt hohe Wellen. Das deutsche Arbeitsministerium hat nun die deutsche Tochter der niederösterreichischen Leiharbeitsfirma Trenkwalder im Visier: Am Donnerstag wurde eine Sonderprüfung des Unternehmens eingeleitet, bestätigte eine Sprecherin von Ursula von der Leyen. Die deutsche Arbeitsministerin hatte sich am Wochenende in die Debatte eingeschaltet ("DiePresse.com" berichtete).

Trenkwalder war für die Rekrutierung der Amazon-Beschäftigten zuständig. Der Firma droht nun in Deutschland der Lizenzentzug. Welche Folgen das genau hätte, konnte die Sprecherin nicht sagen. Die Ergebnisse der Sonderprüfung werden noch diese Woche erwartet. Von Trenkwalder hieß es am Montag einmal mehr: "Kein Kommentar".

Weitere Dienstleister gekündigt

Nach der Aufkündigung des Vertrages mit dem umstrittenen Sicherheitsdienst H.E.S.S.  hat sich Amazon von einem weiteren Dienstleister getrennt. Die Firma war unter anderem für die Unterbringung der in der Weihnachtszeit eingesetzten Zeitarbeiter verantwortlich. "Es ist uns eindeutig nicht gelungen, die Einhaltung unserer hohen Standards auch durch den Dienstleister, der für Unterbringung, Transport und den Einsatz der Sicherheitskräfte verantwortlich war, zu gewährleisten", teilte Amazon dazu mit.

Leiharbeit in Deutschland

In Deutschland gibt es nach Schätzung von Experten etwa 10.000 Zeit- oder Leiharbeitsfirmen mit zuletzt etwa 800.000 Beschäftigten. Die Firmen benötigen eine Lizenz der Bundesagentur für Arbeit, welche gegen eine Gebühr von 750 Euro erteilt wird. Die Firma muss außerdem pro Mitarbeiter einmalig ein Kapital von 2000 Euro nachweisen.

Stellt sich heraus, dass die Leiharbeitsfirma sich als unzuverlässig erweist, gegen Sozialversicherungs- oder Steuerrecht verstößt oder Arbeitsschutz-Vorschriften nicht einhält, kann die Lizenz entzogen werden.

Amazon hatte zuvor schon Konsequenzen aus dem Skandal gezogen und den Vertrag mit dem umstrittenen Sicherheitsdienst H.E.S.S. gekündigt. In der Reportage war zu sehen, dass H.E.S.S.-Mitarbeiter in der rechtsextremistischen Szene aktiv sind und Leiharbeiter schikanieren. "Als verantwortungsvoller Arbeitgeber von rund 8000 festangestellten Logistikmitarbeitern hat Amazon eine Null-Toleranz-Grenze für Diskriminierung und Einschüchterung", sagte eine Amazon-Sprecherin zu "Sueddeutsche.de.

Wallraff: "Wie Leibeigene behandelt"

Der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraff warf Amazon unterdessen "grausamste Arbeitsbedingungen" vor. Das betreffe vor allem Saison- und Leiharbeiter. "Über die Arbeiter wird verfügt wie über Leibeigene", sagte Wallraff der Nachrichtenagentur dpa in Köln. Aus Zuschriften von Betroffenen gehe hervor, dass diese von Kameras überwacht, schon bei kleinen Verschnaufpausen zum Vorgesetzten zitiert würden und mit Repressalien rechnen müssten. In Einzelfällen durften Wallraff zufolge Medikamente, die etwa Diabetiker brauchten, nicht mit ins Lager genommen werden.

Tausende Facebook-Mitglieder rufen zu einem Kaufboykott bei Amazon auf. Die Seite "AmazonNeinDanke" hatte Montagmittag mehr als 2000 Unterstützer. Schon seit vergangener Woche macht die Internetgemeinde gegen Amazon mobil (mehr dazu ...).

Die Zeitarbeitsbranche distanziert sich unterdessen von unsauberen Praktiken. "Immer dort, wo illegale beziehungsweise unethische Machenschaften im Zusammenhang mit Zeitarbeitseinsätzen praktiziert werden, distanzieren wir uns ausdrücklich hiervon", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), Werner Stolz, am Montag in Münster.

Autoren: "Amazon wird dem Buch nicht gerecht"

Auch die österreichische Interessensvertretung "IG Autorinnen Autoren" übt harsche Kritik: "Amazon ist alles andere als ein Buchhändler, der dem Buch gerecht wird", heißt es am Montag in einer Aussendung der IG Autoren. Amazon beanspruche größere Handelsspannen für sich, als sie sonst im Buchhandel üblich sind, schreibt Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autoren Autorinnen. Auch dem deutschen Verleger Christopher Schroer waren diese Methoden schon lange ein Dorn im Auge. Nach dem Bericht über die Arbeitsbedingungen beim Versandhändler beendete er seine Zusammenarbeitet mit Amazon, wie "DiePresse.com" berichtete.

(APA/dpa)

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