Fast 60 Mio. Euro hätte Daniel Vasella zum Abschied erhalten – nach massiver Kritik verzichtete er darauf. Vor Aktionären gab er sich reumütig.
Der scheidende Novartis-Chef Daniel Vasella zeigte am Freitag auf der Hauptversammlung des Schweizer Pharmariesen Reue. Der Grund: Sein Rücktritt hätte ihm fast 60 Millionen Euro (72 Mio. Franken) eingebracht, erst nach massiver Kritik verzichtete er auf die vereinbarte Zahlung ("DiePresse.com" berichtete). "Ich habe zwei vermeidbare Fehler gemacht", sagte Vasella. Der Erste sei gewesen, den Vertrag über die Zahlung anzunehmen. Der zweite Fehler sei der Glaube gewesen, dass eine Spende für wohltätige Zwecke akzeptiert würde. Er sagte aber auch, der gesamte Vorgang zeige, dass Transparenz zur Korrektur führe.
"Ich akzeptiere die öffentliche Kritik", sagte Vasella. Gleichzeitig betonte er, dass er sich nicht als Abstimmungshelfer der "Abzocker-Initiative" des parteilosen Abgeordneten Thomas Minder sieht. Bei der Initiative entscheiden die Schweizer am 3. März, ob Aktionäre in Zukunft zwingend über die Gehälter von Managern und Aufsichtsrat abstimmen müssen. Umfragen prognostizieren einen klaren Sieg.
"Sie hinterlassen nur das Bild der Gier"
"Das Schweizer Volk hat verstanden", sagte Rudolf Meyer, Präsident der Aktionärsvereinigung Actares, auf der Novartis-Hauptversammlung. Er findet aber auch anerkennende Worte für den scheidenden Chef: "Vasella hat das gut gemacht. Er hat klar gesagt, dass er einen Fehler gemacht hat. Das hilft, die Wogen zu glätten. Vasella hat mit seiner Ansprache viel Dampf weggenommen".
Viele Kleinaktionäre hielten mit ihrer Meinung dennoch nicht hinter dem Berg, berichtet das "Handelsblatt". Christine Renaudin übergab Vasella sogar ein goldenes Kalb. "Denn das ist der einzige Gott, zu dem sie beten", hielt sie ihm vor. "Sie hätten mit dem Bild eines großen Visionärs abtreten können, doch sie hinterlassen nur das Bild der Gier." Ein anderer Kleinaktionär nannte Vasella eine "Abzocker-Ikone", die sich mit einem "selbstgestrickten Fallschirm" aus dem Staub machen wollten.
Novartis-Vizepräsident Ulrich Lehner verteidigte einmal mehr den Vertrag: Die Auflage an den scheidenden Präsidenten, nicht für die Konkurrenz arbeiten zu dürfen, wäre fast einem Berufsverbot gleichgekommen. Daher sei die hohe Zahlung, die vom Aufsichtsrat einstimmig beschlossen wurde, gerechtfertigt gewesen.
Vasella bekommt Berater-Vertrag
Konkrete Konsequenzen hat die Causa vorerst jedenfalls nicht: Mit einer Mehrheit von 93 Prozent haben die Aktionäre dem Aufsichtsrat die Entlastung erteilt. Aktionärsgruppen hatten zuvor mit wenig Erfolg dazu aufgerufen, die Geschäftstätigkeit des Aufsichtrats nicht zu billigen.
Für Vasellas Nachfolger wird es dennoch nicht einfach werden: Jörg Reinhardt kehrt nach einem kurzen Abstecher zum Konkurrenten Bayer wieder zu Novartis zurück. Ihm werden die Aktionäre genau auf die Finger schauen, denn die Causa Vasella ist noch nicht ausgestanden: Laut "Handelsblatt" soll der scheidende Chef einen Berater-Vertrag bei Novartis erhalten. Die Konditionen sind noch nicht bekannt.
(Red./APA/sda)