Yahoo: Kein Platz für Eigenbrötler

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Yahoo-Chefin Mayer verbietet Angestellten, von zu Hause aus zu arbeiten. Sie entfacht eine Diskussion über Selbstbestimmung am Arbeitsplatz.

Washington. Ins Büro kommen oder kündigen: Die Anordnung von Yahoo-Chefin Marissa Mayer, dass alle Mitarbeiter des Internetkonzerns künftig wieder im Büro arbeiten müssen, spaltet die amerikanische Öffentlichkeit und Managementexperten.

Die Unterstützer dieser Entscheidung, die langjährige Heimarbeit zu beenden, verweisen erstens auf einen tief eingesessenen Schlendrian in zahlreichen Yahoo-Abteilungen und zweitens auf die wesentlich schlechteren Aufstiegschancen von Arbeitnehmern, die selten oder nie im Büro vorbeischauen. Ihre Gegner verweisen hingegen darauf, dass Heimarbeit statistisch nachgewiesen dazu führt, dass die Menschen produktiver arbeiten, seltener in Krankenstand gehen und nicht so rasch kündigen wie im herkömmlichen Bürobetrieb.

„Ich unterstütze das. Es gibt eine Menge Missbrauch bei Yahoo – etwas, das dieser Firma eigen ist“, zitierte das stets gut informierte Onlinemagazin „Business Insider“ am Dienstag einen anonymen früheren Yahoo-Ingenieur.

Deshalb sei Yahoo auch hinter seine Konkurrenten Microsoft und Google zurückgefallen. „Das war eine großartige Methode, um die Leute wie verrückt trödeln zu lassen, unerreichbar zu sein und derweilen ihre eigenen Projekte zu entwickeln, die nichts mit Yahoo zu tun hatten“, sagte der ehemalige Mitarbeiter.

Michael Katz, ein früherer Yahoo-Manager, sieht das ähnlich: „Von zu Hause aus zu arbeiten mag für manche angenehm sein, aber es verursacht enorme Opportunitätskosten für das Team – vor allem dann, wenn es versucht, das Steuer herumzureißen.“

Todesfalle für die Karriere

Das zweite Argument gegen die Heimarbeit und für Mayers Beschluss zielt aufs Eigeninteresse der Angestellten ab. Der Marketwatch-Blog des „Wall Street Journal“ zitiert eine erst vergangene Woche veröffentlichte Studie von Arbeitsforschern an der Stanford University, derzufolge Heimarbeit die Aufstiegschancen vermindert.

Die Stanford-Forscher nahmen neun Monate lang ein Heimarbeitsprogramm eines an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq notierten Reiseunternehmens mit rund 16.000 Arbeitnehmern genau unter die Lupe. Unterm Strich haben Heimarbeiter selbst bei gleichwertiger Eignung und Zugehörigkeit zum Unternehmen dort nur halb so gute Chancen befördert zu werden.

Dieselbe Studie zeigte allerdings auch den großen Nutzen der Arbeit von zu Hause. Die Heimarbeiter waren um 13 Prozent produktiver als ihre Kollegen, die täglich im Büro erschienen. Der Großteil dieses Produktivitätsgewinns war darauf zurückzuführen, dass diese Arbeitnehmer um neun Prozent mehr pro Schicht arbeiteten. Im Durchschnitt nahmen sie von zu Hause aus um vier Prozent mehr Telefonate pro Minute. Sie machten zudem weniger oft Pause und waren seltener krank.

Der Trend spricht gegen Yahoo

Yahoo hat nach Ansicht seiner Kenner vor Jahren den Fehler gemacht, zu großzügig bei der Erlaubnis von Heimarbeit zu sein. Die Konkurrenzunternehmen würden keine vergleichbaren Annehmlichkeiten anbieten.

Der generelle Trend in Amerikas Arbeitswelt läuft aber gegen Yahoo und Marissa Mayer: Laut letzter Volkszählung stieg der Anteil der Heimarbeiter binnen 30 Jahren von 2,3 auf 4,2 Prozent. Die Unternehmen sparen dadurch im Schnitt 2000 Dollar pro Arbeitnehmer. Und auch die Gehaltseinbußen, die man 1980 noch hinnehmen musste, wenn man von daheim aus arbeitete, sind praktisch verschwunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2013)

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